WordPress, Hugo & Digitale Teilhabe

Eigentlich, ja eigentlich wollte ich ja nur einen Antwort-Post schreiben. Herbert (@DigitalWriter auf Twitter) hat dazu einen sehr informativen Artikel über das Blog-System Bludit geschrieben. Als Ergänzung wollte ich das System Hugo vorstellen, mit ich seit einigen Jahren mein Blog betreibe (früher hatte ich auch WordPress). Während des Schreibprozesses hat sich herausgestellt, dass das nicht möglich ist, ohne immer wieder Erklärungen einzuschieben, die Historie von Blogging und Software zu streifen und Konzepte darzustellen. Da diesen Monster-Post niemand wirklich hätte lesen wollen, teile ich ihn jetzt auf und fange mit etwas ganz anderem an. Ich hoffe, Sie finden diese kleine Serie interessant und nehmen den einen oder anderen interessanten Gedanken mit.

Schöne neue Welt …

  Ja, Blogs auf WordPress, Blogspot oder Medium sind «all inkl»
  Ja, innerhalb von einer halben Stunde oder weniger läuft das Blog.
  Ja, es ist alles schön in einer GUI verpackt und sieht einfach aus.
  Ja, man kann in Themes und Layout schwelgen.
  Ja, ohne IT-Fachkenntnisse kann ich mich mitteilen.

Und das sind alle gute Gründe dafür, eine der großen Blogging-Plattformen zu nutzen. Wie bei vielem, was auf den ersten Blick schnell und einfach erscheint, erschließt sich erst mit zunehmender Beschäftigung mit dem Thema, dass die schöne neue Welt auch ihre dunklen Ecken hat. Im Fall der Blogging-Plattformen sind das einige ziemlich große …

Aber …

Sie haben nun mit Ihrem Blog ein Grundstück in einem Kleingartenverein bezogen. Was bedeutet, Sie können nicht einfach den Zaun austauschen oder umbauen. Auf Ihr Blog bezogen bedeutet das, Sie sind explizit auf die Möglichkeiten begrenzt, die Ihnen die gewählte Plattform bietet. In dem Moment, in dem Sie versuchen, etwas außerhalb des gesteckten Rahmens zu tun, logisch gesehen also die Abkürzung über den Rasen zu nehmen, kommt jemand und haut Ihnen das «Betreten Verboten»-Schild um die Ohren. Es gibt keinen Weg, «nur mal kurz» etwas auszuprobieren, was die Ersteller der Plattform nicht geplant haben. Sie haben auch keine Einflussmöglichkeit auf die Anlage des Rasens, um bei der Metapher zu bleiben. Sie sind nicht der Gärtner, nur der Mieter, der ein Stück des Garten nutzen darf. Und der Garten kann schneller geschlossen werden, als es Ihnen lieb ist. Oder die Miete wird plötzlich erhöht. Oder das worst-case Szenario: Ihre mit viel Mühe erstellten Inhalte gehen den Weg alles Irdischen und Sie müssen sich eine neue Bleibe suchen. Kurz: das war’s mit der einfachen Art und Weise der digitalen Teilhabe.

Ein zweites großes «Aber» haben viele Betreiber von Blogs jetzt mit dem Ablaufen der Umstellungsfrist auf die DSGVO erlebt. Auf einer der großen Blogging-Plattformen haben Sie nur sehr begrenzten Einfluß auf den Funktionsumfang, die installierten Plugins und die externen Quellen, die eingebunden werden. Auch mit einem bezahlten Account, der dann schnell mal 20€ im Monat kosten kann, haben Sie immer noch nicht die volle Kontrolle.

Im Zuge dieser unsäglichen DSGVO-Hysterie (bei der man sich fragen sollte: cui bono?) lassen sich die Reaktionen im Netz grob in zwei Kategorien einteilen: die eine sieht eine Stampede der angsterfüllten Blogger durchs digitale Dorf trampeln und reagiert mit Hochmut oder Unverständnis, während die andere (Sie wissen schon, cui bono?) Halbwahrheiten und Gerüchte verbreitend die Hysterie noch anfeuert. Beide Reaktionen finde ich unverantwortlich. Als Ergebnis fühlen sich viele private, nichtkommerzielle Blogbetreiber nicht ernst genommen und so verunsichert, dass im Zweifelsfall der Vorhang fällt und eine digitale Fackel erlischt. Sascha Lobo hat diese Auswirkungen auf SPIEGEL Online gut analysiert.

Deshalb werden große Mengen digitaler Nebenbei-Projekte aus Furcht abgeschaltet werden: Archive, halbprivate Fachforen, historisch interessante Websites.

Diese Zäsur muss aber nicht stattfinden. Hierfür ist allerdings auch ein Denkprozess auf Seiten der Blogbetreiber notwendig. Warum? Weil in dieser ganzen Diskussion die eigentliche Grundfrage nicht oder kaum gestellt wird: was ist der Zwecke eines privaten (z.B. von einer Lehrerin oder einem Modellbauer betriebenen) Blogs? Doch sicherlich nicht die massenhafte Verarbeitung von Daten, das Sammeln von Kontaktinformationen oder das Verteilen von Cookies. Sondern die oben genannte digitale Teilhabe und das Publizieren von interessenbezogenen nichtkommerziellen Inhalten.

Dazu kommt noch ein viel wichtigerer Grund (und einer der Hauptgründe, warum ich Plattformen wie WordPress oder Medium gegenüber so kritisch eingestellt bin): digitale Teilhabe bedeutet auch digitale Souveränität und ein «Meine Domain, meine Inhalte, mein Server». Dieser Ansatz des «own your stuff», den engagierte Blogger seit Jahren vertreten ist sozusagen das eigene Stückchen Land in Digitalien. Oft las ich in der Diskussion um das Thema DSGVO Reaktion wie «jetzt kann man nicht mehr einfach mal ein paar Seiten HTML ins Netz stellen», kurz darauf gefolgt von einem «was jammerst Du immer gegen WordPress, das Web ist doch kein Buchladen mit statischen Seiten wie 1999». Der logische Widerspruch in dieser Argumentation fiel den Leuten dabei gar nicht auf. Ja, man kann immer noch «einfach ein paar Seiten HTML ins Netz stellen». Und nein, das müssen keine einfallslosen Seiten sein, ganz und gar nicht. Aber der Fokus sollte eben auf dem Inhalt liegen. Wenn der stimmt, lesen die Leute. Wenn nicht, dann helfen auch noch so hübsch eingebundene Instagram-Fotos oder exotische Schriftarten oder unnötige Webanalyse-Tools nichts. Wenn niemand zum Lesen kommt, muss ich das auch nicht per Google Analytics erforschen.

I control this domain, this software and this content.
The feed is full content and the space is mine. […]
I’ll make this super clear.
If you decide to use a service where you don’t control your content, you’re renting.
(Scott Hanselman, 2008)

Woher kommt dann diese Panik? Dazu ist ein kleiner Ausflug in die Geschichte der Blogosphäre nötig. Vorher noch eine Bemerkung zum Argument, dass «man sich als kleiner Blogger oder Verein überhaupt nicht mehr ins Internet wagen kann«: wenn Sie nur veröffentlichen und keine Daten verarbeiten und an digitaler Teilhabe interessiert sind, haben Sie nichts zu befürchten und auch die berüchtigte Datenschutzerklärung wird dann kaum länger sein als eine Seite. All das, was eventuell Aufwand verursacht, benötigen Sie nicht. Starten Sie mit einem gesunden Minimalismus und wenn Sie dann Tausende von Besuchern pro Tag haben und wissen wollen, wo die alle herkommen, dann können Sie «ausbauen»…

Digitales Fastfood

Bloggen vor den Blogs

Bildschirmausschnitt Mailbox-System

Bereits bevor Blogging ein Massenphänomen wurde, gab es Möglichkeiten, selbst Inhalte online zu publizieren. Die Spannweite reichte von den privat betriebenen BBS (bulletin board system)-Netzen (der Autor betrieb Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre selbst eine Mailbox im weltweiten Fido-Netz) über kommerzielle Online-Dienste wie GEnie oder CompuServe bis zum Usenet und den ersten Mailing Listen per Internet-Mail. Bereits Mitte der 80er gab es mit The WELL eine Online-Gemeinde, deren Einfluß auf die Online-Welt prägend sein sollte. Auch hier war Teilhabe und Diskussion eines der Grundprinzipien.

Als Tim Berners-Lee zu Beginn der 90er Jahre die Spezifikation für das World Wide Web schrieb, kam darin auch die Formulierung «USENET newsgroups for serial publishing and discussions» vor. Allgemeine gilt Justin Hall’s links.net mit dem Start 1994 als das erste Blog. Er regte damals andere an, ebenfalls Inhalte im neuen WWW zu veröffentlichen. Der erste Browser, der noch am CERN entstand, enthielt sogar einen HTML-Editor, eben um diese digitale Teilhabe zu ermöglichen. Das Web war damals ja im Prinzip die Community der Hochenergiephysik, da bringt reines Konsumieren wenig.

Alle diese Systeme und Möglichkeiten hatten aber eines gemeinsam: die Einstiegsschwelle für technisch nicht versierte Leute war sehr hoch oder, im Falle der kommerziellen Anbieter wie CompuServe, relativ teuer. Ohne solides technisches Wissen ging gar nichts. Was also sollte jemand tun, der Inhalte veröffentlichen wollte, aber nicht erst sein Diplom als Nerd erlangen wollte? War mein kein Programmierer, war es auch nichts mit der digitalen Teilhabe, ausser man betrieb eine Mailingliste. Dies änderte sich erst, als das Internet und insbesondere das Web im Mainstream ankam. Die manuelle Erstellung und Pflege der Weblogs mit HTML-Code und dem manuellen Verlinken von Artikeln war schnell auch den damals produktiven Autoren zu mühsam (wie gesagt, «content is king»).

Plattformen für Blogger

Ende der 90er entstanden daher die ersten Programme, die als «web log software» oder «blog software» bezeichnet wurden (den Begriff «weblog» verdanken wir übrigens Jorn Barger). Einer der ersten Plattformen war LiveJournal, das 1999 von John Fitzpatrick gegründet wurde. Im Sommer 1999 ging dann auch Blogger.com online, das 2003 von Google gekauft wurde. Im Jahr 2001 kam dann noch Movable Type von Six Apart dazu und die erste Generation der Blog-Plattformen war komplett.

Nun konnte mehr oder weniger jeder, der einen Internet-Zugang und einen Browser hatte, eigenständig Inhalte im Web publizieren. Die Vereinfachung der Publikationsmöglichkeiten wog die Tatsache, an die jeweilige Plattform gebunden zu sein, mehr als auf, so dass sich zu dieser Zeit kaum jemand Gedanken um einen sog. «lock-in effect» machte.

Auftritt WordPress

Ein weiteres System (b2/Cafelog von Michel Valdrighi, Link aktuell inaktiv). Als Fork davon entwickelten Matt Mullenweg und Mike Little 2003 eine neue Software für das Blogging, die sie nach einem Vorschlag von Christine Selleck Tremoulet (s. Kommentare unter dem Artikel) «WordPress» nannten. Im Verlauf der Entwicklungsgeschichte wurde der ursprüngliche Funktionsumfang von WordPress immer mehr erweitert (so kamen 2004 das Plug-In System und 2005 das Theming dazu). Die für ein Blog/CMS relativ einfache Installation und die Verlockung einer einfachen, grafischen Oberfläche für die Konfiguration und das Erstellen von Artikeln sorgte für eine schnelle Verbreitung von WordPress. Eine Kombination aus unglücklichen Lizenzentscheidungen der Mitbewerber und die Flexibilität der Themes von WordPress beschleunigten den Plattform-Effekt noch. Mittlerweile ist WordPress eines der softwaretechnischen «Dickschiffe» im Blog/CMS-Bereich. Und genau diese Tatsache ist einer der Gründe, warum meiner Meinung nach WordPress keine gute Wahl mehr für ein eigenes, privates Blog ist.

Erstens führt dies zu einem «Nimm’ doch WordPress, benutzt eh jeder», weil WP für viele die einzige Software ist, die sie kennen. Dieses Argument ist aber nur die elektronische Version von «esst mehr Mist, Milliarden Fliegen können sich nicht irren». Zweitens wird mittlerweile geradezu zwanghaft alles wenn nicht in Typo3, dann in WordPress gebaut und alle anderen Systeme führen ein Schattendasein.

Jeder dämliche OnePager wird mit WordPress gebaut.
Das ist nichts anderes als Atombomben auf Spatzen.
(Art Director, will nicht genannt werden)

Es ist verständlich, dass viele Einsteiger den vermeintlichen leichten Weg gehen. Um das obige Argument etwas mit Fakten zu unterfüttern: WordPress ist auch zugleich das meistgehackte CMS/Blog-System. Die vermeintliche Leichtigkeit der Design-Entscheidung für ein Theme bedeutet, dass Sie sich ohne fundierte Kenntnisse in CSS, HTML-Design, PHP und JavaScript auf Gedeih und Verderb dem Autor des jeweiligen Themes ausliefern.

Digitales Fast-Food und Verfettung

Diesen Ballast aus Design und Code zu durchdringen und zusätzlich die PHP-Installation und die MySQL-Datenbank auf dem Server sicherheitstechnisch aktuell zu halten, ist keine leichte Aufgabe. Die schöne bunte Welt funktioniert so lange, bis entweder eine Sicherheitslücke gefunden wird und das Theme aufgrund eigener Anpassungen nicht mehr updatefähig ist oder bis regulatorische Vorschriften wie die DSGVO einen massiven Umbau des Blogs erfordern. Dass dann viele Blog-Autoren, die eben wegen der Inhalte und nicht wegen der Technik zu WordPress kamen, verunsichert und ohne Entwicklerwissen die Segel streichen, kann den Leuten nicht vorgeworfen werden. Schließlich hat man Ihnen das System empfohlen, weil es so «leicht» bedienbar ist. Dabei war die ursprüngliche Absicht doch «einfach nur ein paar Seiten ins Web stellen» …

Digitale Entschlackung

Genug gemeckert. Gehen wir die Sache doch mal von einer anderen Perspektive an: Sie möchten Ihre Geschichten, Rezepte, Artikel und Gedanken im Web veröffentlichen. Für die ganze Welt. Digitale Teilhabe also. Sie sind kein Techie und wollen nicht erst HTML oder PHP-Programmierung lernen. Wie sehen denn dann Ihre Anforderungen an ein Blog aus?

  • Einfach zu installieren (und ja, auch unter Windows einfach, Ihr Linux-Hacker)
  • Möglichst kostenlos (open source)
  • Eine erprobte Software, die bereits einige Jahre im Einsatz ist
  • Sollte für eine «Preview» von Artikeln auch auf dem lokalen PC laufen
  • Artikel schreiben bitte auch ohne Internet (schon mal in Bayern mit der Bahn gefahren?)
  • Artikel einfach schreiben
  • Eine Website, die den Anforderungen der DSGVO entspricht und datensparsam ist
  • Sollten Änderungen am Layout nötig sein, sollten diese interaktiv erfolgen können

Fasst man diese Anforderungen zusammen, kann dies mit dem Satz «Inhalt vor Technik» zusammenfassen. Sie wollen ein privates bzw. nichtkommerzielles Blog betreiben, keinen eCommerce-Dampfer und keine DemoSite einer Hipster-Medienagentur. Was zählt, sind die Inhalte (Texte, Bilder, Videos, Sound) und die schnelle Erzeugung bzw. Publikation, ohne einen Zoo an Softwaresystemen zu betreuen.

Falls möglich auch mit einem Schreibwerkzeug, bei dem nicht wie den üblichen Büroprogrammen erst ein Kurs belegt werden muss oder mit einer aufgedonnerten Oberfläche, die das Verfassung von Artikel ohne einen stationären Riesenbildschirm am Notebook unmöglich macht. Nein, ein Artikel sollte dann geschrieben werden können, wenn die Gedanken frisch sind und die Ideen Funken sprühen …

Ein neuer Weg

Dieser minimalistische Ansatz findet interessanterweise seit Jahren auch gerade unter den professionals, den Entwicklern immer mehr Anhänger. Warum? Weil diese genau wissen, dass Schreiben (in diesem Fall von Dokumentationen oder einem technischen Blog) harte Arbeit ist und nicht unnötig erschwert werden sollte. Also haben diese Leute viele Projekte gestartet, um sozusagen den minimalistischen Gegenentwurf zu WP oder anderen CMS auf die Beine zu stellen. Mittlerweile kommt diese Entwicklung auch im Mainstream an.

«Oh je, Programmierer haben das gebaut», höre ich Sie jetzt seufzen. Und Sie haben Recht. In den meisten Fällen liest sich die Anleitung zur Installation schlimmer als der Beipackzettel Ihrer letzten Antibiotika-Packung. Es gibt aber Hoffnung. Einige wenige Projekte haben sich das Ziel gesetzt, einfach und unkompliziert zu installieren und zu nutzen zu sein. Nicht viele, aber es gibt sie. Und das Gute an diesem wiederentdeckten Technikminimalismus, der sich aktuell auch in vielen «ablenkungsfreien» Schreib-Apps zeigt: es handelt sich um Systeme, die sich auch ohne IT-Studium «begreifen» lassen. Sie wissen dann, was da «unter der Motorhaube» passiert. Was nicht bedeutet, dass Sie sich damit beschäftigen müssen, aber es gibt Sicherheit. Der überwiegende Teil alle der Auftritte, die im Zuge der DSGVO panikartig abgeschaltet wurden, ging deshalb vom Netz, weil die Betreiber schlichtweg keine Ahnung hatten, was da alles passiert. Und Unsicherheit erzeugt Angst. Und Angst erzeugt die Schere im Kopf, so dass lieber auf die Teilhabe verzichtet wird. Aber zurück zum Thema …

Bei dieser neuen Art zu bloggen haben sich zwei Hauptströmungen herausgebildet, die Sie je nach Technikaffinität bzw. Einsatzzweck und Vorlieben wählen können. Der eine Ansatz nennt sich «flat file CMS» und meint ein Blogsystem, bei dem auf Datenbanken und komplexe Konfiguration sowie Zusatztools möglichst verzichtet wird. Jeder Artikel ist eine einzelne Datei und geschrieben wird mit MarkDown (ein Thema, das allein einen Blogpost rechtfertigt und in einem der nächsten Teile behandelt wird). Dennoch benötigen diese Systeme einen Webserver bei einem Provider, der in den meisten Fällen auch PHP (oder NodeJS) bereitstellen muss. Dafür haben Sie noch eine mehr oder weniger einfache grafische Oberfläche, um Ihre Artikel zu verwalten oder Einstellungen zu tätigen.

Der andere Ansatz sind sogenannte «static site generators». Diese System sind wie oben dateibasiert, auch hier schreiben Sie Ihre Artikel zumeist mit MarkDown. Zusätzlich gehen diese Systeme noch einen Schritt weiter. Sie verwenden den Texteditor Ihrer Wahl und auch die kompletten Einstellungen sind in einer oder mehreren Textdateien vorhanden. Eine grafische Oberfläche gibt es nicht. Sie starten ein kommandozeilen-basiertes Programm, dass aus allen Quelldateien ein komplettes Blog in HTMl erzeugt. Dieses laden Sie dann einfach auf Ihren Webserver und sind fertig. Sie benötigen keine Datenbank und eben noch nicht einmal PHP oder NOdeJS. Diese statischen Seitengeneratoren bringen sogar einen eigenen lokalen Webserver mit. Damit können Sie sogar lokal auf Ihrem Rechner ohne eine Internetverbindung schreiben oder am Layout bauen.

Wie Herbert Hertramph schrieb, ist dies eine elektronische Form der «vegetarisch / vegan»-Frage. Ein «flat file CMS» ist vegetarisch, relativ einfach, aber Sie sind noch auf Käse, Eier, etc. angewiesen. Einen «static site generator» können Sie als vegan betrachten. Komplett tierfrei, erfordert aber etwas Willen, sich darauf einzulassen und sieht (auf den ersten Blick) schwieriger aus. :-)

Fazit: was habe ich jetzt davon?

Die Vorteile gegenüber einem System wie WordPress, das Sie entweder komplett selbst hosten (inkl. dem oben beschriebenen Aufwand) oder für ca. 25€ pro Monat direkt auf den WordPress-Servern «mieten» können, ist klar: Sie haben alle Daten auf Ihrem Rechner, unter Ihrer Kontrolle und mit Ihrer eigenen Backup-Strategie gesichert. Jeder Artikel ist eine einzelne Datei, ebenso bleibt jedes Bild oder Medium, das Sie einbinden, als eigene Dateien erhalten und Sie können diese jederzeit ändern. Das Schreiben erfordert keine HTML-Kenntnisse, sondern es einfachere Texteditor reicht völlig aus. Formatierungen erledigen Sie mit menschenlesbarer Syntax, die innerhalb von 15 Minuten gelernt ist (MarkDown).

Diese digitale Selbstbestimmung kostet interessanterweise deutlich weniger als die bezahlten Accounts auf den Blogging-Plattformen (s. Grafik an der Seite). Ja, auch diese ca. 5€ im Monat kann nicht jeder einfach so aus dem Ärmel schütteln (es gibt auch bloggende Schüler), billiger als irgendwo ein bezahlter Account ist es allemal. Und für die Unterstützung der Meinungsfreiheit finden sich sicher im privaten Umfeld, bei Eltern, bei Elternbeiräten, Fördervereinen oder im Budget des Sportvereins ein paar Euro.

Mehr Freiheit: wen Sie einzelne Artikel ändern oder umziehen wollen, sind das einfach einzelne Dateien.

Mehr Flexibilität: Artikel sind in Markdown geschrieben werden, einem Format, dass mittlerweile wirklich auf jedem System mit Tools versorgt ist. Damit lassen sich aus einer Quelle problemlos eben HTML-Dateien erzeugen, aber auch PDF, Text oder eBooks. Oder eben diese Datei von einem FlatFileCMS zu einem StaticSiteGenerator transportieren und einfach nutzen, ohne Konvertierung.

Besseres Verständnis: gerade StaticSiteGenerators verfolgen oft den Ansatz von «Konvention vor Konfiguration». Das bedeutet, es gibt einen konsistenten, einfach verstehbaren Aufbau, der für alle Installationen gleich ist. Klar können Sie damit Ihre Artikel nicht mehr beliebig über Ihren Rechner verteilen, aber dafür verstehen Sie innerhalb kürzester Zeit, was wo liegt und was da passiert.

Arbeiten und Schreiben ohne Internet: beide Systemtypen lassen sich normalerweise problemlos auf dem lokalen Rechner betreiben, so dass Sie für das Schreiben und die «Preview» keinen Webserver benötigen.

Mehr digitale Teilhabe: Sie haben alle Dateien auf Ihrem Rechner, unter Ihrer Kontrolle, mit dem von Ihnen definierten Layout und den von Ihnen definierten Funktionen und für das weltweite Publizieren benötigen Sie nur einen einfachen Webspace (und idealerweise einen eigenen Domain-Namen). Damit sind Sie es, der das Ruder in der Hand hat und nicht der Betreiber einer der großen Blogging-Plattformen.

(Teil 2 kommt in Kürze: «Warum Markdown und was das mit Zukunftssicherheit und einfachem Schreiben zu tun hat»)


Kommentare

Kommentar von e3b0c44298fc1c149afbf4c8996fb92427ae41e4649b934ca495991b7852b855 im Mai 2018:

Was ist davon zu halten, ein WordPress-CMS nicht auf einem «eigenen» Server zu installieren (und dann entsprechend zu konfigurieren, anzupassen, mit Plugins zu erweitern, mit Updates etc. versorgen zu müssen), sondern ein Blog direkt auf wordpress.com zu hosten, im Standarddesign, ohne irgendwelchen «Firlefanz»?

Dies entspricht genau dem Szenario, dass ich zu Beginn des Artikels beschrieben habe. Sie haben keinen Einfluss auf die Art und Weise, wie die Bloggin-Plattform andere, externe Quellen kontaktiert. Mit dem verwendeten Thema sind Sie auf die Entwickler des Themas angewiesen und damit gar nicht in der Lage, Einfluss auf DSGVO-relevante Themenbereiche zu nehmen. Sie wissen auch nicht, welche Informationen über Ihre Besucher auf den Servern von WordPress gespeichert werden. So etwas wie ein «Standard-Design» gibt es ja aufgrund der freien Themenwahl nicht. Falls Sie defaultmäßig installierte Thema Twenty Seventeen meinen, kann ich mangels Nutzung von WordPress keine Auskunft erteilen, welche externen Datenquellen das Thema nutzt. Insgesamt haben Sie also keinen oder kaum Einfluss auf die datenschutzrelevanten Bereich, vor allem, wenn der kostenlose Account genutzt wird.

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