In letzter Zeit habe ich im Web und auf Twitter (zumindest der Bildungs-Bubble von Twitter) einige Artikel gelesen, die sich damit beschäftigten, dass Schüler:innen bzw. Studentinnen und Studenten in Ihren digitalen Geräten keine Ordnerstrukturen mehr benutzen bzw. überhaupt nicht mehr wissen, wie in einem hierarchischen Dateisystem navigiert wird. Stattdessen nutzt dieser Personenkreis einfach die Suchfunktion des jeweiligen Betriebssystems bzw. der Anwendung. Meistens die Volltextsuche, oft aber auch die Suche nach Schlüsselworten (sogenannte “tags”).
Das “Warum” des ganzen Artikels
Dieser Artikel ist einer von einigen “Vorbereitungsartikeln” zu einem Artikel, in dem ich die Struktur bzw. den Aufbau meines persönlichen Informationsspeichern meiner Lernumgebung beschreiben und für andere zugänglich machen möchte. Beim Schreiben habe ich festgestellt, dass dazu so viele Dinge im text erklärt werden müssten, dass die Veröffentlichung in einem einzigen Artikel einfach keinen Sinn macht. Daher folgt hier der Teil, der Tags und ihre Verwendung unabhängig von einem bestimmten Softwaresystem erläutert.
Für die Organisation von Informationen in einer digitalen Informationssammlung (ich nenne meine persönliche Sammlung liebevoll “Grabbelkiste”) reichen die aus der analogen Zeit bekannten Ordnerstrukturen nicht mehr aus. Diese haben sich zwar in Form von hierarchischen Dateistrukturen auch im Bereich der Betriebssysteme erhalten, es zeigen sich aber schnell die Nachteile dieses Ansatzes. Eine Datei oder ein Schriftstück kann in genau einem Ordner liegen. Erfolgt die Organisation des Bestandes allerdings mit Schlüsselworten (engl. tags), dann ergeben sich deutlich erweitere Methoden der Informationsorganisation.
Kurzer Hinweis zur Terminologie
Je nach Fundstelle wirst Du Tags, Hashtags, Schlüsselworte, Labels oder sogar noch andere begriffe lesen. Die gute Nachricht gleich zu Beginn: die Begriffe in der Überschrift sind alle Synonyme. In diesen Text verwende ich die Bezeichnung “tag”. Vor allem, weil es kürzer ist als das deutsche “Schlüsselwort” oder andere Begriffe.
Tags
Was’n das?
Ein Tag dient der Markierung von Dingen. In unserem Fall der Markierung digitaler Artefakte mit einer Information. So wie das Etikett “zuckerfrei” auf einer Verpackung oder der Aufdruck “Jahrgang 2006” auf einer Weinflasche sind Tags eine sehr einfache, aber auch sehr mächtige Art der Klassifikation.
Genau den gleichen Ansatz verfolgen digitale Tags in Informationssammlungen. Erst dadurch wird eine Gruppierung oder Klassifikation von größeren Beständen überhaupt erst möglich.
Wo ist der Vorteil gegenüber Ordnern?
Tags müssen im Gegensatz zu Ordnerstrukturen keiner hierarchischen Klassifikation folgen. Ein Klassifikationssystem in einer Ordnerstruktur ist bedingt durch das Dateisystem. Dieses weist eine eine hierarchische Struktur auf (jeder Ordner besitzt genau einen übergeordneten Ordner). Mit der Ablage von Informationen in einer Ordnerstruktur erfolgt immer eine Festlegung auf einen passenden Ordner.
Nehmen wir an, Du hast einen Link zu einer Website gefunden, die Informationen über die Schlacht am Trasimenischen See während des zweiten Punischen Krieges bietet. Bei der Ablage in einem Ordner müsstest Du Dich jetzt entscheiden, in welchen Ordner dieser Link abgelegt wird. Das könnte ein Ordner wie diese hier sein:
geschichte/zweiter_punischer_krieg/schlachten/trasimenischer_see/
geschichte/karthago/hannibal/feldzuege/trasimeno/
geschichte/antike/aufstieg_roms/karthago/
“Aber ich kann doch einfach eine Kopie machen und dieser an anderer Stelle ablegen”, werden jetzt Einige einwenden. Natürlich geht das, aber dieser Weg führt zielsicher ins Kopien-Chaos. Noch dazu, wenn an einer Stelle etwas geändert wird und alle anderen Kopien davon völlig unbeeinflußt bleiben. Die Ablage in einer Ordnerstruktur entspricht damit der Arbeit mit einer Taxonomie.
Hinweis an alle Power-Nutzer:innen – ja, es gibt Links, also Dateien, die eigentlich keine sind, sondern nur der Verweis auf die Originaldatei in einem anderen Ordner, das ist aber auch keine Lösung, wenn es darum geht, digitale Artefakte nicht in einer Datei pro Eintrag abzulegen, sondern etwa in einer Tabelle, einer Datenbank oder einer anderen digitalen Sammlung.
Tags machen die Sachen wesentlich einfacher. Jetzt kann ich alle relevanten Informationen in Form einer kurzen Textkennung für diesen einen Link angeben:
- Zweiter Punischer Krieg
- Rom
- Karthago
- Hannibal
- Gaius Flaminius
- Trasimenischer See
- Schlachten
- etc. pp.
Erstens ist die Anzahl solcher Tags üblicherweise nicht beschränkt, zweitens kann ich nun durch die Kombination dieser Tags bei der Suche schnell die relevanten Informationen eingrenzen und drittens reicht mir der eine Eintrag aus, ich benötige keine Kopien an anderen Stellen oder sonstige Krücken, die ich mir mit der Ablage in Ordnerstrukturen einhandle. Bei der Vergabe von Tags kann ich einfach diese vergeben und auch wenn ich bei der Ersterfassung nicht alle relevanten Tags erwische, kann ich diese später leicht ergänzen.
Tags müssen auch nicht einem hierarchischen Klassifikationssystem folgen (sie können je nach Modell eine Hierarchie abbilden, die dann aber auch nicht monohierarchisch aufgebaut sein muss). Es sind erst einmal nur Etiketten, die einem digitalen Artefakt zugewiesen werden. Das ist übrigens Fluch und Segen zugleich, wenn die Verwaltung der Tags unorganisiert angegangen wird, weil dann relativ leicht “Tag-Wildwuchs” entsteht. Ein persönliches Informationsmanagement-System bietet aber entsprechende Möglichkeit für die Verwaltung von Tags.
Ein anderes Beispiel ist eine dieser Padlet-Sammlungen, in denen auf Twitter Lehrerinnen und Lehrer ihre Profile bzw. Informationen gesammelt haben. Da gab es dann Spalten nach Fächern. Eine Filterung nach Schulart war damit schon einmal unmöglich (ganz abgesehen von der Tatsache, dass Padlet keinerlei brauchbare Suchfunktion bietet) und wenn eine Lehrkraft mehr als ein Fach unterrichtet, was dann? Zweimal eintragen und damit zwei (oder gar mehr) Kopien verwalten müssen? Hätten die Ersteller:innen eine einfache Tabelle oder eine CSV-Datei verwendet und Schulart, Fächer, Jahrgangsstufen oder Interessen einfach als Tag verwendet, wären auch relativ komplexe Suchanfragen überhaupt kein Problem gewesen…
Damit habe ich nun eine Möglichkeit, für die Recherche relevante Zusatzinformationen ("Metadaten") zu meinem Eintrag zu speichern. An dieser Stelle ist es auch ganz egal, ob es sich bei dem Eintrag um eine Zeile in einer Tabelle, einen Artikel in meinem Blog, einen Eintrag in einer Datenbank oder eine Datei im Dateisystem des Computers handelt. “na gut, Tags sind super, ich kann mehr als eines vergeben, Ende des Artikels…”. Oder? Nein, den jetzt fangen die interessanten Fragen gerade erst an. 😉
Gestaltung von Tags
Ich selbst habe vor Jahren, als ich mit dem Sammeln relevanter Informationen in meiner persönlichen “Grabbelkiste” begann, relativ unorganisiert und wild Tags vergeben. Das gleiche Problem kennt vielleicht jemand mit einem Blog, das für einzelne Posts ebenfalls über die Möglichkeit verfügt, eine oder mehrere Kategorien oder Schlüsselworte anzugeben. Irgendwann stehst Du dann vor zweihundert wild gewachsenen Tags und musst dann mühevoll das nachholen, was mit etwas Planung vorab viel leichter gewesen wäre…
Grundsätzlich (im Gegensatz zum ordnerbasierten Ansatz, wo jede Datei in genau einem Ordner liegen kann) kann jede Datei oder jeder Eintrag in einem Informationsmanagement-System (dem digitalen Zettelkasten oder der “Grabbelkiste”) mehr als ein Tag erhalten. Im Idealfall unbegrenzt viele, wobei in der Praxis der überwiegende Anteil der Einträge zwischen drei und einem halben Dutzend Tags besitzen wird.
Konsistenz
Deine Tags sollten konsistent sein, um bei der Recherche hilfreich zu sein. Was bedeutet das? Überlege Dir beispielsweise, ob Du Groß- und Kleinschreibung verwenden möchtest. Die Erfassung von Tags sollte schnell gehen, daher kann es durchaus hilfreich sein, nur Kleinbuchstaben zu verwenden. Wichtig ist auch die Entscheidung, ob Du Tags im Singular oder im Plural verwenden möchtest ("rezept" oder “rezepte”). ich habe mich für meine persönliche Sammlung erst für die Verwendung des Singulars entscheiden, nachdem ich schon eine Menge Tags vergeben hatte und wie jedes Aufräumen macht auch dieses Aufräumen nicht unbedingt Spaß. 😆
Schließlich ist auch die Frage wichtig, ob und wie Du Sonderzeichen oder Symbole in den Tags verwenden möchtest. Wir sind zwar im 21. Jahrhundert angekommen, aber es gibt immer noch haufenweise Programme, die echt Probleme mit Unicode-Sonderzeichen haben. Irgendwann wirst Du vermutlich Einträge aus Deiner Sammlung mit anderen teilen wollen, deren System unter Umständen nicht die Möglichkeit haben, bestimmte Zeichen darzustellen.
Sprache
Das ist eine Frage, die davon abhängt, wie breit Deine Interessen gefächert sind und zu welchen Bereichen Du Informationen in einer “Grabbelkiste” ablegen möchtest. Hier gibt es verschiedene Ansätze. Du kannst radikal vorgehen und einfach alle Tags in Englisch anlegen, wenn Du schon weißt, dass es nicht bei deutschsprachigen Informationen bleiben wird. Alternativ kannst Du Sprachen mischen. Die Sprache des Eintrags selbst kann ebenfalls ein Tag sein (dazu schreibe ich weiter unten noch etwas). Niemand hindert Dich, Tags zweisprachig zu verwenden, also sowohl das englisch als auch das Wort als Tag zu verwenden. Ich persönlich rate davon ab und würde mein Ablagesystem so strukturieren, dass dies nicht notwendig ist (das ist Thema eines weiteren Blogposts in dieser Reihe).
Eigennamen
Überlege Dir, wie Du in Tags Eigennamen handhaben willst: übersetzt in Deine Muttersprache oder in der jeweiligen Sprache. Informationen über Florenz kannst das das Tag “Florenz” zuweisen oder eben “Firenze”.
Akronyme und Abkürzungen
Bleibe bei der Verwendung von Abkürzungen konsistent. Damit meine ich, dass ein Tag “Prozessor” und ein Tag “CPU” keine ideale Lösung sind. Wenn Abkürzung, dann immer die Abkürzung. Auch hierbei kann es nötig sein, mehr als ein Tag zu verwenden, denn viele Abkürzungen haben mehr als eine Bedeutung. Ein Beispiel hier. Ich persönlich verwende beispielsweise für alle Artefakte, die irgendetwas mit dem Imperium Romanum zu tun haben, das Tag “spqr” (die Abkürzung für “Senatus PopulusQue Romanus”), das ist deutlich schneller zu tippen und eindeutiger ls beispielsweise nur “rom”.
Standards
Es ist einfach, Wörter der natürlichen Sprache als Tags zu verwenden. Spätestens dann, wenn Einträge mit Anderen ausgetauscht werden sollen, zeigt sich sehr schnell, wie sehr sich persönliche Klassifikationssysteme unterscheiden. Bei Beständen, die von mehr als einer Person genutzt werden, muss es daher Möglichkeiten geben, für ein konsistentes Set an Tags zu sorgen oder eben Tags zu verwenden, die übergreifende Gültigkeit besitzen. Ein Beispiel dafür sind Taxonomien, wie sie beispielsweise in Bibliotheken benutzt werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Regensburger Verbundklassifikation. Wird bei einem Eintrag in meiner “Grabbelkiste” dann das Tag DL 7005
vergeben, dann ist eindeutig geregelt, wie der Eintrag klassifiziert ist: Didaktik des Berufsschulunterrichts (ohne Diff. nach Fächern) in Frankreich".
- D Pädagogik
- DL Berufsbildung, berufsbildende Schule
- DL 5000 - DL 8009 Berufsbildende Schule, Fachoberschule
- DL 7000 - DL 7009 Didaktik des Berufsschulunterrichts (ohne Differenzierung nach Fächern)
- DL 7005 Frankreich
Im Gegensatz zu einer Ordnerstruktur hindert mich jetzt nichts daran, zusätzlich das Tag NB 8100
zu vergeben, das für
- N Geschichte
- NB Geschichte als Wissenschaft und Unterrichtsfach
- NB 8000 - NB 9500 Geschichtsunterricht
- NB 8100 Allgemeine Geschichtsdidaktik
steht. So kann ich die Information “Geschichte” für das Fach zusätzlich zur Berufsschuldiaktik für den betreffenden Eintrag vergeben. Und natürlich kann ich zusätzlich problemlos noch das Tag MC 5190
Französische Revolution vergeben.
Der große Vorteil: jeder anderen kann online in der Klassifikation nachschlagen, was für eine Bedeutung MC 5190
besitzt. Hätte ich als Begriff Französische Revolution
vergeben, wäre bei jemand anders eventuell Revolution Frankreich
oder Franz. Rev.
im System gewesen. Drei Tags für ein und dieselbe Bedeutung! Hier wäre dann bei einer Übernahme von geteilten Inhalten wieder Bereinigungsarbeit angesagt gewesen.
Ein Tag kommt selten allein
Ein Tag allein wird in den seltensten Fällen ausreichen, ein Artefakt in Deiner Sammlung zu klassifizieren. Auch Begriffe (die als Tags verwendet werden), von denen Du vielleicht annimmst, können für die Person neben Dir schon eine völlig andere Bedeutung haben. Nehmen wir als Beispiel den Namen “Seneca”:
- Seneca, Lucius Anneus, Römer
- Piper PA-34, zweimotoriges US-Leichtflugzeug
- (2608) Seneca (2608), ein Asteroid des Amor-Typs
- Seneca, ein Einschlagskrater am östlichen Rand der Mondvorderseite
- Seneca, ein Indianervolk Nordamerikas, eines der ursprünglichen fünf Mitglieder der Irokesenliga
- Seneca, die Sprache der Seneca
Wie Du siehst, sobald Du interessenmäßig etwas breiter unterwegs bist, sind Tags etwas, das überlegt werden will oder durch weitere Tags eindeutiger gestaltet werden muss. Wenn Du also den römischen Forscher, Philosophen und Politiker meinst, dann wären die Tags “seneca”, “spqr”, “person”, “philosophie” eine ganz gute erste Wahl. Daher solltest Du Dir für Deine Tags einige “Hauptkategorien” (wie Person oder Geschichte) definieren, die eine grobe Einordnung ermöglichen.
So ist auch die Erstellung eines Tags fahrradhelme für kinder
nicht optimal. Was ist mit den Fahrradhelmen für Erwachsene? Besser ist es, ein Tag fahrradhelme
zu erstellen und dann je nach Eintrag zusätzlich das Tag kinder
oder erwachsene
zu vergeben. So kann ich je nach Bedarf genau die gewünschten Ergebnismengen finden.
Natürlich sind Tags nicht der alleinige Ort, an dem für einen Eintrag relevante Metadaten abgelegt werden. jedes brauchbare System bietet zusätzlich auch immer die Möglichkeit einer Beschreibung des Eintrags. Dazu kommen Felder wie das Datum der Erfassung, Autor und Erfasser oder die URL des Links, der gespeichert werden soll. Dennoch ist die Klassifikation eines Eintrags über Tags meiner Meinung einer der wichtigsten Faktoren dafür, dass spätere Suchen auch die gewünschten Ergebnisse bringen.
Tags mit Tags
Mit der geschickten Kombination bzw. Vergabe von Tags lassen sich Informationen relativ leicht gruppieren bzw. zusammenfassen. So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, ein Tag sprache
zu verwenden. Das kann dann sowohl für Programmiersprachen als auch für natürliche Sprachen (oder künstliche Sprachen wie z.B. Klingonisch) verwendet werden. Um jetzt allerdings das gerade erwähnte Klingonische von der Programmiersprache Python und von Italienisch zu unterscheiden, müsste jetzt jeweils noch ein Tag kunstsprache
, programmiersprache
, natürlichesprache
verwendet werden. Auf die Dauer auch doppelte Arbeit.
Flexible Systeme (oder faule aufwandseffiziente) Leute bieten dafür eine andere Lösung: strukturierte Tags. Die kannst Du in Deinem persönlichen System auch relativ leicht benutzen, vorausgesetzt es gibt eine Suchmöglichkeit, die nach Teilen von Tags suchen kann (z.B. “beginnt mit” oder “endet mit”). Dann wird das Tag mit als Schlüssel-Wert-Paar genutzt und mit einem Symbol getrennt. Für das Beispiel oben sieht das dann so aus:
- sprache:künstlich
- sprache:programmieren
- sprache:natürlich
Wenn ich jetzt alles zu irgendwelchen Sprachen finden möchte, suche ich nach dem Tag "sprache:"
, will ich nur Informationen zu Programmiersprachen, dann suche ich nach dem Tag "sprache:programmieren"
. Eine einfache und sehr flexible Möglichkeit, Semantik in einfache Begriffe zu packen. Je besser die Unterstützung des System für so etwas ist, umso mehr Möglichkeiten habe ich natürlich, aber die Grundfunktionen kann ich mit jeder Textdatei in einem brauchbaren Editor nutzen.
Was nutze ich?
Ich habe für mich persönlich folgende Auswahl für die Definition bzw. Nutzung von Tags getroffen.
- Tags sind Englisch (einige wenige feststehende Begriffe zusätzlich auch in anderen Sprachen, z.B. “campanilismo”)
- Ich verwende immer die Singular-Form des Wortes
- Falls es ein eingeführtes Akronym gibt, verwende ich dieses (z.B. “NASA”, “SPQR”)
- Nach und nach ergänze ich Standardklassifkationen, dazu nutze ich die Regensburger Verbundklassifikation
- Bestimmte Tags werden struktiert (z.B. “republica:2019”), das erleichtert die Suche nach Jahren oder kompletten Listen
- Manche Tags sind Oberkategorien oder Medientypen (es gibt ein Tag “video” ebenso wie “fun”)
Wer sucht, der findet (hoffentlich 😉)
Die logische Kombination aus Tags (zusammen mit anderen Metadaten wie Erstellungsdatum oder Teile der URL) ergibt dann schnell ein Set an Ergebnissen, mit dem Du weiter arbeiten kannst. Das bedeutet aber auch, dass ein Ablagesystem eine Suchfunktion bieten muss. Der Fachbegriff für die Recherche nach den gewünschten Informationen heißt nicht von ungefähr “Information Retrieval”. Erfasst wird ein Eintrag in Deinem Zettelkasten oder Deiner “Grabbelkiste” nur einmal, gesucht aber wesentlich häufiger. Jedes System, das nicht in der Lage ist, mit einer entsprechend mächtigen Suchfunktion aufzuwarten, ist für den Einsatz als persönliche Informationsablage völlig ungeeignet.
Das ist einer der Gründe, warum ich Plattformen oder Tools wie Padlet, Wakelet & Co. gegenüber so skeptisch bin, was den Nutzen als Informationsablage angeht. Keine Möglichkeit, strukturiert Metadaten anzugeben, keine Möglichkeit der Verwendung von Tags, keine Suchfunktion. Wie soll ich da jemals etwas wieder finden bzw. die dort oft mühsam zusammen getragenen Informationen nutzbringend anwenden? nach etwas ratlosem Blättern fristen solche Sammlungen oft ein Dasein als kaum mehr genutzte “Datenhalde”.
Quelle: https://padlet.com/joschafalck/xhmbqucpuxsvri9f
Das Mindeste an Suchfunktionen sind als logische Operatoren für Suchbegriffe (die Klassiker UND, ODER, NICHT, XODER) sowie die Möglichkeit, anzugeben, in welchen Metadatenfeldern ich suchen möchte. Auch dafür gibt es übrigens Standards (z.B. den “Dublin Core"-Metadatenstandard. Aber das werden wir in einer weiteren Folge dieser Reihe klären).
Zwischenfazit
Ganz unabhängig von Tags oder nicht Tags an dieser Stelle ein Hinweis: wenn Du für den persönlichen Gebrauch oder die Nutzung in einer Gruppe (z.B. als schulweite “Grabbelkiste”) eine Sammlung von Notizen, Links, Zitaten und anderem anlegen möchtest: ohne Klassifikationsmöglichkeit (Tags) und ohne Suchfunktion (je mächtiger, desto besser) ist so ein Projekt langfristig zum Scheitern verurteilt, weil Du nichts mehr finden wirst. Was in einem Padlet bei einem Dutzend Karten noch übersichtlich aussieht, wird bei 5000 Karten einfach unbeherrschbar. Die vier essenziellen Grundpfeiler jedes solchen System sind:
- Suche
- Klassifikation
- Metadaten
- Beschreibung
Tag-Fusionen
Ein gutes System zum Management von Informationen bietet eine Verwaltungsmöglichkeit für Tags. Dazu gehört unter anderem auch die Möglichkeit, Tags zusammen zu führen. Klassiker sind Schreibfehler oder Tags in verschiedenen Sprachen. Ein Beispiel:
- Karthago
- Carthage
- Carthago
Für einen effektiven Einsatz muss es möglich sein, alle Einträge im Bestand zu finden, die entweder das Tag Carthage
oder das Tag Carthago
besitzen und dann dieser Liste das Tag Karthago
zuzuweisen. Anschließend können die beiden anderen Tags gelöscht werden. Ebenso sollte es möglich sein, Schreibfehler in Tags zu korrigieren, ohne riesige Änderungswellen durch den Bestand zu schicken. Wie das gelöst werden kann, zeige ich im nächsten Abschnitt
Ein Tag, ein Wort?
Im einfachsten Fall, ja. Dann ist ein Tag nur das, ein Wort oder ein kurzer Begriff an irgendeiner durchsuchbaren Stelle eines Eintrag im Informationsbestand Deiner “Grabbelkiste”. Aber schon Betriebssystem bieten oft mehr wie die Definition einer bestimmten Farbe für ein Tag.
Wichtiger für den sinnvollen Einsatz (vor allem, wenn die Informationen geteilt werden oder kollaborativ am Bestand gearbeitet wird) sind jedoch ein paar andere Dinge. Diese sind allerdings nicht mit einem einfache Zettelkasten oder Programmen wie EverNote realisierbar, sondern erfordern eine auf den Einsatzzweck zugeschnittene Software (genau so wie niemand ernsthaft eine Bibliotheksausleihe mit Excel verwalten würde, obwohl das “ganz unten” ja auch nur Zeilen von ausgeliehenen Büchern mit einigen Spalten an Information sind).
Das beginnt damit, dass halbwegs professionelle Systeme für ein Tag mehr speichern als nur die Bezeichnung. So wird anstelle eines Tags eine eineindeutige Identifikation vergeben. Zu dieser Identifikation wird dann für jede unterstützte Sprache die Bezeichnung gespeichert. Warum? Erstens wird dann für jemanden, der das System in Italienisch benutzt, aus dem Tag Florenz
in Deutsch in seinem System automatisch Firenze
und zweitens kann nun die Schreibweise des Tags geändert oder korrigiert werden. Alles, was dabei im System passiert, ist die Änderung genau eines Datensatzes (der Bezeichnung für das Tag in einer bestimmten Sprache), den für die Zuweisung wird ja die interne Identifikationsnummer genutzt. Wäre direkt die Bezeichnung vergeben worden, müsste das System nun unter Umständen Zehntausende von Datensätze aktualisieren, was eine ganze andere Systemlast bedeuten würde.
Zusätzlich (spätestens dann, wenn mehr als ein Benutzer mit dem System arbeiten soll) muss es die Möglichkeit geben, für die Tags festzulegen, wer diese Liste der Tags verwalten (aktualisieren, neue Tags hinzufügen oder Tags löschen) darf. Bestimmte Benutzer:inenn sind dann nur in der Lage, aus dem definierten Katalog an vorhandenen Tags auszuwählen (idealerweise mit Eingabevervollständigung), so dass die “Tagwolke” konsistent bleibt.
Dazu kommt eine Kennzeichnung, ob es sich bei dem Tag um ein Element einer Taxonomie handelt (z.B. die oben genannte Regensburger Verbundklassifikation) oder nicht sowie eine Beschreibung der Bedeutung des Tags, um Neulingen die Einarbeitung zu erleichtern. Erst dann sind solche Systeme wirklich einsatztauglich, um größere Informationsmengen nutzerübergreifend zu verwalten.
Wie geht es weiter?
Das war eine erste Einführung in die Verwendung und den Aufbau von Tags. In den nächsten Artikel geht es dann um das Thema Metadaten, die für einen Eintrag in meiner “Grabbelkiste” relevant sind, welche Informationen ich pro Eintrag überhaupt speichere, den Aufbau und die Ablage von URLs und diverse andere Dinge. Am Ende der Reihe schließlich stelle ich dann ein Modell für meine Ablage vor, die sich auch dafür eignet, eine ganze Schule oder sogar noch größere Verbände zu bedienen und mit minimalem Aufwand Informationen auch wieder zu finden und nicht nur zum manuellen Blättern durch strukturlose Karten in irgendeinem “Whatever-Let” zu zwingen.
Addendum 2021-12-28
Eine Leserin hinerließ folgenden Kommentar:
Super interessant 👍🏻. Das werde ich mir mal überlegen und ausprobieren. Freue mich schon auf den nächsten Post. Noch eine „dumme“ Frage. Den Oberbegriff „Grabbelkiste“ hast du aber als Ordner angelegt. Habe ich dies richtig verstandrn? Viele Grüße, Elke
Hier die Antwort dazu. Erstens, nein, es gibt keinen Ordner “Grabbelkiste” in meiner Ablage, denn das Ding ist “unter der Motorhaube” eine SQL-Datenbank und davor sitzt eine REST-API. Soweit, so technisch. Der Name hat allerdings historische Gründe, denn ich habe wie wahrscheinlich so viele andere relativ unstrukturiert angefangen zu sammeln. Da gab es Links in Pocket, Zitate in Office-Formaten, Notizen in Textdateien und irgendwelche Dateien auf dem lokalen Dateisystem. Daher war bei Recherchen noch viel manuelle Arbeit angesagt. Aus diesem Grund heißt meine Ablage “Grabbelkiste”, weil die logische Organisation anfangs exakt einer solchen glich. 😉
Da ich systemübergreifend arbeiten muss (hier gibt es mehr als ein Betriebssystem), liegt der Bestand, der schon migriert wurde, in deser Datenbank, der Zugriff darauf erfolgt über Endpunkte in Form einer URL (damit kann so ziemlich alles an Software auf die Informationen zugreifen bzw. Daten liefern oder extrahieren). Es gibt schon noch einige “Restbestände”, die ich nach und nach übernehme. Die über 10000 Einträge aus Pocket waren erst einmal der Haupt-Teil. Lokale Dateien bekommen ebenso wie entfernte im Web einen Eintrag und der Link ist dann eben keine URL, die z.B. mit https:
als Protokoll beginnt, sondern mit file:
für einen Verweis auf das lokale Dateisystem.