
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Es hat 20 Grad unter Null, der Wind brüllt Dir ins Gesicht und das Schneegestöber nimmt Dir die Sicht. Wie machst Du den Leithunden etwa 20 Meter vor Deinem Schlitten klar, dass sie jetzt links abbiegen sollen? Es muss also ein Vokabular geben, welches mehr oder weniger allgemein in der Hundeschlittenwelt gültig ist, denn wenn Du einen neuen Hund bekommst oder welche aus Deinem Team abgibst, kann der Vierbeiner nicht erst ein paar Wochen auf einen “Sprachkurs” gehen. 😉
Über lange Jahre hat sich daher ein Vokabular entwickelt, mit dem Schlittenhunde dirigiert werden. Wer ein Gespann bei der Arbeit sieht, hört manchmal diese Kommandos, von denen ich Euch die wichtigsten hier vorstelle. Das sind natürlich nicht alle und es gibt individuelle Unterschiede, aber wenn Ihr mal Euren “Hundeschlitten-Führerschein” machen wollt, dann braucht auch Ihr diese Kommandos.
Tiere verstehen die menschliche Sprache nicht wirklich, obwohl es erstaunliche Erkennungsleistungen gibt wie Australian Shepherds, die mehrere Hundert verschiedene Spielzeuge anhand ihres Namen unterscheiden können. Grundsätzlich erkennen Tiere wie Hunde oder Pferde die Tonalität und die betonten Vokale. Daher sollten Kommando auch immer anhand ihrer Vokalstruktur unterscheidbar sein. Das zeigt sich beim Mushing an den Kommandos wie “gEE”, “hAAw”, “whOOa” oder “hIIke”. Auch das manchmal verwendete “Go” wird dann als “gO gO gO” gerufen und unterscheidet sich vom langsamen und mit langem O gerufenen “whOOa”.
Um das Gespann nach rechts zu lenken, verwenden Musher das Kommando “Gee!”.
Soll es nach links gehen, dann lautet das Kommando die Schlittenhunde “Haw!”.
Die Ursprünge der beiden Kommandos verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Auch Pferde auf dem Acker werden mit den beiden Kommandos in die jeweilige Richtung gelenkt. Die Kommandos sind bereits vor der Nutzung für Hundeschlitten belegt, siehe zum Beispiel https://www.etymonline.com/word/gee. Für die Hundeschlittenlenker war es wahrscheinlich einfacher, die von den Pferden gewohnten Kommandos zu verwenden, als die Begriffe der Inuit zu lernen.
Kommt ein Gespann an eine Wegkreuzung und soll es geradeaus weiter gehen, lautet das Kommando “Straight Ahead!”.
Soll es langsamer dahingehen, dann ruft ein Musher “Eeeeaasy!”
Zum Anhalten wird üblicherweise “Whoa!” (mit einem langen “O”, s.o.) verwendet.
“On by!” ist das Kommando, wenn ein Gespann etwas passieren und sich nicht ablenken lassen soll. Das kann ein anderes Team sein, ein Hindernis oder ein paar sehr neugierige Zuschauer, die versuchen, die Hunde für ein Foto abzulenken.
Nein, das Kommando lautet nicht “Mush!”, auch wenn das oft erzählt, in Filmen gezeigt oder geschrieben wird. Ein Grund dafür ist die oben angeprochene Eindeutigkeit von Kommandos durch Tonalität und Vokale. Dazu kommt, dass Leute wie “sch” bei schlechter Witterung leicht untergehen. Mehr dazu weiter unten beim Absatz, wo die Bezeichnung “Musher” ihren Ursprung hat.
Je nach Musher wird vorwiegend ein energisches “Hike!” oder ein “Go!” (”Go, Doggos, go, go go” hab ich auch schon gehört 😉) verwendet. Die gleichen Kommando werden auch gerufen, um das Tempo des Gespanns zu erhöhen.
Der Begriff “musher” (der übrigens deutlich einfacher ist als das sperrige deutsche “Hundeschlittenlenker:in” 😎) kommt über das englische “mush” aus dem Französischen. Die ersten Entdecker und Trapper im Norden von Neufrankreich (einem Gebiet, das mal von Neufundland bis zur Hudson Bay und vom heutigen Nebraska und den beiden Dakotas bis an den Golf von Mexico reichte) übernahmen von den Eingeborenen die Nutzung von Schlittenhunden im Winter. Dasfranzösische “marcher” für gehen wanderte nach der Übernahme der Gebiete durch die Briten nach den Verträgen von Utrecht 1713 und von Paris 1763 in den englischen Sprachgebrauch. Die Briten haben die Hundeschlitten ebenfalls genutzt und wahrscheinlich die eingeführten französischen Kommandos gehört, aus dem “marcher” wurde dann “mush” und jemand der das macht, war ein “musher”.
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