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Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen

Alt werden oder »Vintage« sein?
10.04.2025
Anzahl Worte: 805

“Papa? Bist Du »vintage«, »retro« oder einfach alt?”

Diesen hübschen Titel habe ich meiner Tochter 🥰😘 zu verdanken, die irgendwann mal während ihrer Grundschulzeit mit aufgeschnappten Wörtern nach Hause kam und mir diese Frage nach der passenden Schublade für mich stellte. Drücken wir es mal so aus: ich habe die erste Mondlandung live gesehen und kann mich daran erinnern. 😎 Auf das Thema Alter kommen wir gleich zurück…

Ich habe heute in der Mittagspause einen Blogpost von Herr Mess gelesen, der sich in zwei Teile gliedert. Während der erste sich mit den Freuden des Lesens bevorzugter Autor:innen und eBook-Readern beschäftigt, bildet der zweite Teil — geschickt zusammengefügt durch einen alternden Professor als Protagonisten des gelesenen Buches — eine etwas wehmütige Beschäftigung mit einem Thema, dass der unvergessene Joachim Fuchsberger in einem Buch mit dem treffenden Titel “Altwerden ist nichts für Feiglinge” betrachtete. Der Blogpost von Matthias ist hier zu finden und ich warte gerne, bis Du vom Lesen zurück bist. 😉

Um inzwischen eine Frage zu beantworten, die sich Matthias in seinem Blogpost stellt: “Nein, Matthias, das ist nicht diese Midlife-Crisis, denn laut meiner Frau werden Jungs nur 7 und danach wachsen sie nur noch und ihr Spielzeug braucht mehr Strom. 😉 Wenn der klischeehafte Erwerb motorisierter Fahrzeuge ein Indikator ist, dann hast Du noch mehr als ein Dutzend Jahre bis dahin.
Für alle, die nur ab und zu vorbeilesen: Ich habe mir vor zwei Jahren einen seit ewigen Zeiten gehegten Traum erfüllt und mir eine rote Vespa gekauft und bin damit nach Italien gefahren. Siamo tutti vespisti, vero? Dieses Jahr gedenke ich so eine Tour mit neuem Ziel zu wiederholen. Eintauchen, mein Italienisch üben und weg von der Tastatur sein. 😎

Damit haben wir auch gleich die Klammer zum Blogpost von Matthias. Ich bin auch kein alternder Professor, aber habe ein paar Jahre mehr auf dem Buckel als Herr Mess und mein Abitur ist 42 Jahre her (die Antwort ist immer 42 😎). Ich erlaube mir also mit dem privilegium seniorum eine Ergänzung seines Blogposts aus meiner persönlichen Warte. Diese abstrusen Rechenaufgaben mit dem Alter kenne ich auch, die eigene Vergänglichkeit spüre ich gerade selbst (sucht mal in der Suchmaschine Eurer Wahl nach shoulder impingement 😝). Über 40 Jahre vor einer Tastatur machen sich irgendwann bemerkbar. Auch ich habe Freunde verloren, die deutlich jünger waren als ich jetzt bin und ja, das setzt einen unter Strom und macht wachsamer. 

Aber, und das ist das Positive, die Studien haben Recht: die Lebenszufriedenheit und Gelassenheit wird mit dem Alter tatsächlich größer. Das Bewusstsein, im dritten Drittel des Eishockeyspiels rumzulaufen führt dazu, dass Du Wayne Gretzky und seinem Spruch “du musst dahin laufen, wo der Puck sein wird, nicht dahin, wo er jetzt ist” mehr Beachtung schenkst, weil Du Deine eigenen Ressourcen effektiver einsetzen musst. Es gibt diesen Moment im Jahr, wenn im Oktober das Sternbild Orion gegen Mitternacht in Richtung Süden am Himmel steht und Du sagst, “Hallo alter Freund, wie oft werden wir uns noch sehen?”. Um dann die kleinen Freuden und Wunder umso mehr zu genießen, wie jetzt wenn Du im Frühling mit dem Hund spazieren gehst und (nach der Einnahme von genügend Antihistaminika, sowas geht natürlich im Alter nicht weg) die Natur bewunderst. Mit 20 hätte ich wahrscheinlich nicht fasziniert einer orangeärschigen Hummel minutenlang beim ersten Ausflug zugesehen. 

Klar gehe ich auch noch weg und halte mich an den Spruch “Um seine Jugend zurückzubekommen, muss man nur seine Torheiten wiederholen”. Aber die Erholungszeit wird länger. 😆 Ich habe keine Ahnung, ob man diese Entwicklung meinen Blogposts ansieht, ich bin allerdings auch in der (meiner Meinung sehr glücklichen) Lage, nahezu nichts über meinen Beruf zu schreiben und wenn, dann nur sehr allgemein. Damit unterscheide ich mich von 90% aller Lehrkräfte-Blogs. So gesehen kann ich mich hier thematisch austoben und auch wie gerade etwas nachdenklich werden. Aber, wie Matthias schrieb, diese schwindende Unbeschwertheit der des gefühlten “Was kostet die Welt?” ist nicht schlimm, nur anders. Bewusster genießend, tatsächlich, obwohl ich das schon seit vielen Jahren so halte (wenn Du mit 160 auf der Autobahn einschläfst und das Fahrzeug dann aus eigener Kraft verlassen kannst, nachdem Du im Schlaf eine Polizeistreife überholt hast, hast Du im Leben andere Prioritäten als viele andere 20jährige — lange Geschichte, irgendwann mal im Blog vielleicht). 

Es bleibt schon noch was zu wagen. Ich stimme nur teilweise mit Danny Glover überein, wenn er sagt “I’m too old for this shit!” 😆 Und es gibt durchaus Dinge, die einen jung halten, von K1 bis zu den Punkten im Job, wo der alte Wolf den Jungen zeigen kann, dass Abkürzungen, Intuition und Erfahrungen jungendliche Schnelligkeit kompensieren können. 😉  Danke, Matthias für Deinen Blogpost, der mich (und den Hund, der sich vom Text deutlich weniger beeindruckt zeigte als ich 😉) durch den Mittagsspaziergang begleitet hat! Es ist immer eine Freude, Deine Texte zu lesen!

Tags: gedanken life

Lizenz für diesen Post CC-BY-SA 4.0


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