
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Prompt Engineering, also die Aufgabe, die perfekten Eingaben für große Sprachmodelle zu erstellen, sollte einer der angesagtesten Jobs in der künstlichen Intelligenz werden. 2023 war das der neueste heiße Scheiss auf dem Jobmarkt und jetzt? Out. Wird nicht mehr benötigt. Was ist passiert? Ganz einfach: Heute ist diese Rolle dank der rasanten Entwicklung der KI und der Reife der Unternehmen im Umgang mit dieser Technologie praktisch überholt.
Wer mein Blog liest, weiß, dass ich sehr selten zum Thema der sog. “künstlichen Intelligenz” schreibe, weil erstens der Begriff viel zu schwammig ist (auch dieser Blogpost befasst sich nur mit dem Feld der generativen LLMs), allerdings bin ich diese Woche im Fediverse auf einen Post gestoßen, der mich zu diesem Artikel inspiriert hat.
https://mastodon.social/@schulKI_de/114510329555332492
Unabhängig davon, was jemand von Angeboten wie dem Unternehmen hinter SchulKI hält, dieser Post zeigt ein Problem: Du wirst immer von der technologischen Entwicklung überrollt. Wer jetzt noch mit hilfreichen Tipps zum prompt engineering (also dem optimalen Gestalten von Anfragen an ein LLM) kommt, tut damit den Lehrkräften keinen Gefallen (die bei diesen Themen sowieso in der Breite großen Weiterbildungsbedarf haben) und stellt sich selbst ebenfalls als eher der Welle nachlaufend dar. Denn dieses Thema ist durch.
Erstens hat die technische Entwicklung diese Notwendigkeit abgeschafft, weil sich dazu ein LLM einfach selbst befragen lässt und zweitens sind all dieses sog. “Rezepte” unnötig, weil LLMs nicht-deterministische Ausgaben produzieren und die Reihenfolge der einzelnen Punkte egal ist, solange genug Informationen im Kontextfenster vorhanden sind.
Ein einfaches “stell Dir vor, Du bist der Regisseur eines Film und Du erklärst Deinen Darstellern, wie sie die Szene zu spielen haben” ist da viel wertvoller, denn es erlaubt das Erarbeiten der Erkenntnis, warum diese Angaben ein Ergebnis verbessern.
Zusätzlich (ui, Bonus 🤣) gehe ich am Ende des Blogposts auf das eigentliche Problem ein, dass solche Posts aufzeigen.
Und glaubt nicht mir, wenn ich ausnahmsweise mal über das Thema LLMs schreibe, dass im Sommer 2025 niemand mehr “Prompt-Ingenieure” braucht (die sowieso nichts Ingenieurhaftes an sich hatten), hier ist ein kleiner Überblick über Veröffentlichungen der letzen Zeit.
Das Wall Street Journal berichtet über eine Studie im Auftrag von Microsoft:
“The Hottest AI Job of 2023 Is Already Obsolete”
https://www.wsj.com/articles/the-hottest-ai-job-of-2023-is-already-obsolete-1961b054
Fastcompany hat ebenfalls keine guten Nachrichten:
“AI is already eating its own: Prompt engineering is quickly going extinct”
https://www.fastcompany.com/91327911/prompt-engineering-going-extinct
Auch Techspot vermeldet das Aufgehen in den normalen Fähigkeiten von Wissensarbeit:
“Prompt engineering” is no longer a job, but a skill
https://www.techspot.com/news/107874-prompt-engineering-no-longer-job-but-skill.html
Ein Salesforce-Blog erklärt die Gründe für den Niedergang des Prompt Engineerings:
“Prompt Engineering Jobs Are Obsolete in 2025 – Here’s Why”
https://www.salesforceben.com/prompt-engineering-jobs-are-obsolete-in-2025-heres-why/
Sogar der Silizium-Boulevard (also die Computer-Bild) schlägt in die gleiche Kerbe:
“Prompt-Ingenieure werden nicht mehr gebraucht”
https://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Internet-Prompt-Ingenieure-werden-nicht-mehr-gebraucht-39658247.html
(wer auf diese Quelle verzichten will, hier ist ein Alternativ-Link: https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/prompt-ingenieure-werden-nicht-mehr-gebraucht/ar-AA1DKvKL)
Was soll ich denn dann tun, wenn ich noch nicht viel Erfahrung im Umgang mit LLMs habe? Ganz einfach, dieses System selbst fragen. Das bringt genau so gute Ergebnisse, hat aber den Vorteil, dass damit jede Weiterentwicklung genutzt wird, denn das LLM kann für die Generierung der Fragen eigene Weiterentwicklungen nutzen. Ich brauch keinen “Rezept-Prompt”, wenn ich ein LLM nutzen möchte. Alles, was ich tue, ist das LLM selbst auffordern, mir diese Fragen zu generieren und die Antworten dann für die Erzeugung der Ausgabe zu nutzen.
Als Beispiel verwende ich ein Bild mit dem “Rezept” von SchulKI, hier das entsprechende Bild aus dem Post oben.
Zum Vergleich meine Beispielanfrage an das LLM ohne große Vorbereitung:
Ich muss etwas im Bereich der Wissenschaftskommunikation recherchieren. Bitte stell mir die optimalen Fragen zur Erzeugung des bestmöglichen Prompts. Dann nutze diesen Prompt, um das Ergebnis zu liefern.
Die Antwort des LLMs zeigt, warum das Thema “Richtig Geld verdienen als Prompt Engineer” durch ist. 😎
Super! Um die bestmögliche Forschungsfrage für die Wissenschaftskommunikation zu finden, hab ich ein paar gezielte Fragen für dich. Bitte antworte so klar und konkret wie möglich:
Ziel & Zielgruppe
Was ist das Hauptziel deiner Forschung zur Wissenschaftskommunikation? (z. B. Aufklärung der Öffentlichkeit, Verbesserung der Politik, Bekämpfung von Fehlinformationen)
Wer ist deine Zielgruppe? (z. B. Schüler, Politiker, breite Öffentlichkeit, wissenschaftliche Gemeinschaft)
Themenschwerpunkt
Auf welches wissenschaftliche Thema oder Gebiet konzentrierst du dich? (z. B. Klimawandel, Genetik, Quantenphysik, Impfstoffe)
Gibt es eine bestimmte Frage oder ein bestimmtes Problem, mit dem du dich innerhalb dieses Themas beschäftigst?
Medium und Format
Welches Format strebst du an? (z. B. Artikel, Infografik, Social-Media-Kampagne, Lehrvideo)
Gibt es Vorgaben hinsichtlich Länge oder Stil?
(z. B. Wortanzahl, Tonfall: formell vs. informell)
Umfang und Einschränkungen
Gibt es bestimmte Quellen, Rahmenbedingungen oder Fallstudien, die du einbeziehen oder ausschließen möchtest?
Hast du einen Zeitplan oder eine Deadline?
Ergebnis
Was für ein Ergebnis erwartest du von mir am Ende? (z. B. eine Zusammenfassung der Recherche, einen Artikelentwurf, eine Liste mit Kommunikationsstrategien, einen Inhaltsplan)
Und jetzt könnte ich zu den einzelnen Punkten noch Nachfragen stellen oder Beispiele oder neue Detailfragen erzeugen lassen… 😉
Ich hatte ja oben versprochen, dass solche Blogpost neben dem “Tipps, die nicht schaden, aber auch nicht wirklich erstklassig sind” noch ein anderes Problemfeld beleuchten. Eines, das sich scheinbar durch das gesamte Schulsystem zieht: Rezepte statt Konzepte.
Es bringt überhaupt nichts, solche “mach das so und so"-Posts zu teilen oder in Fortbildungen irgendwelche Rezepte zu teilen. Und die SchulKI droht das ja im Post gleich an ("NEU: Ab jetzt teilen wir jede Woche eine neue Prompting-Strategie für den Unterricht!” – bitte nicht! 😎). Erklärt den Lehrkräften doch stattdessen, warum ein Prompt so aussehen sollte (oder noch besser, wie sich das LLM selbst dazu nutzen lässt, bessere Prompts zu erstellen, s.o.). Habt Ihr jemals was von Simon Sinek gehört (der mit dem “start with WHY”, ist echt wertvoll)? Ganz abgesehen davon, dass jede Menge Lehrkräfte dem KI-Hype als Heilsversprechen zur Bewältigung der Arbeitslast nachlaufen (es macht bestimmt bei Euren Schülerinnen und Schülern einen guten Eindruck, wenn sie erfahren, dass ihre Lehrkräfte die Nutzung von KI verbieten, aber selbst damit Material erstellen und sogar Vorbewertungen damit erstellen lassen – ja, auch das ist ein Angebot von SchulKI). Solche Posts führen dann dazu, dass diese Rezepte mangels eigener Kompetenz in diesem Bereich weitergegeben werden und schon haben wir später nach der Schule noch mehr Arbeit, die eigentlichen Konzepte zu vermitteln und die undankbare Aufgabe (wie so oft im Bereich Medien, IT und Softwareentwicklung), den Schülerinnen und Schülern zu sagen, “vergesst mal alles, was sie Euch in der Schule erzählt haben”. Ich kann Euch sagen, dass hinterlässt weder bei den Jugendlichen in der Ausbildung noch bei den Leute, die ausbilden, einen guten Eindruck vom Zustand des aktuellen Schulsystems.
Ja, ich weiß, die Leute, die das hier lesen und online im Fediverse unterwegs sind genau die falschen Empfänger dieser Botschaft (die englische Sprache hat dafür den schönen Ausdruck “preaching to the choir” 😉). Das sind die wenigen Engagierten, sich selbst und ohne Entschädigung Weiterbildenden und Interessierten. Falls Ihr dazu gehört, macht es auf die altmodische Tour: druckt den Blogpost aus und legt ihn dem Kollegium ins Lehrerzimmer. 😆
Lizenz für diesen Post CC-BY-SA 4.0