Warum ein Bildungsblog?

Warum ein Bildungsblog / EduBlog?

Kleine Einführung: für das Jahr 2024 haben einige Blogger aus der Schul- und Bildungs-Bubble eine Blogparade gestartet, hauptsächlich initiiert von Herrn Mess und Jan-Martin Klinge. Für die fünfte Runde fragt Susanne Posselt „Was soll das eigentlich mit diesem (Bildungs-)Blog?“.

Interessante Frage. Vor allem für jemand, der gar kein Lehrer ist (ok, eine ganze Anzahl von Jahren in der Erwachsenenbildung schafft Berührungspunkte 😉). Genau das aber führt schon zu einem wichtigen Aspekt dieser Fragestellung: warum überhaupt ein Blog bzw. gibt es etwas, dass ein “Bildungs”-Blog besonders macht?

Einer der vielen Definitionen, was ein Blog (erst einmal ohne “Edu/Bildung” als Präfix) ist, findet sich im wiktionary:

Eine Website, die es den Nutzern ermöglicht, in Form eines Online-Tagebuchs über verschiedene Themen nachzudenken, Meinungen auszutauschen und zu diskutieren, wobei die Leser manchmal Kommentare zu den Beiträgen abgeben können. Die meisten Blogs sind in einem leicht informellen Ton geschrieben (persönliche Tagebücher, Nachrichten, Unternehmen usw.)
aus https://en.wiktionary.org/wiki/blog

Nicht alle Leute schreiben gerne und dann auch noch öffentlich im Internet. Viele haben allerdings private Dateien auf ihrem Rechner oder schreiben ein digitales Tagebuch, halten Informationen und Gelerntes fest. Ein Punkt dabei ist für mich persönlich auch der, den Lars Fengler in seinem interessanten Beitrag schreibt:

Schreiben hat eine ungemein beruhigende Wirkung auf mich.

Wie Lars schreibt, nutze ich Schreiben, Kritzeln und handschriftliche Notizen dazu, meine eigenen Gedanken zu ordnen und meine Positionen zu klären. Der Nachteil: ein Eintrag in einem meiner Notizbücher zeigt mir keine anderen Perspektiven und Meinungen. Dennoch ist eine solche Sammlung wertvoll als Teil eines privaten Wissensmanagements.

Ich mag Leute, die mich dazu bringen, andere Standpunkte in Betracht zu ziehen. Meine eigenen kenne ich ja bereits.
Ich selbst in irgendeinem Social Media Post

Nicht nur für mich schreiben

Ein Blog ist für mich nicht nur eine Sammlung von “notes to self”, sondern mindestens ebenso viel ein “sharing is caring”. Schon seit längerer Zeit ist es so, dass nicht das Horten und Bewachen von Wissen zum Erfolg führt, sondern das Teilen, Diskutieren und gemeinsame Weiterentwickeln von Ideen. Dazu muss das Ding aber öffentlich im Web zu finden sein. Der Vorteil ist dann auch, dass ich Dinge nur einmal schreibe. Teilen kann ich diesen Text dann mit einem Link jederzeit neu (so viel besser als Dinge per Mail einem Dutzend Leuten individuell zu antworten oder zu erklären). Damit ist mein Blog eine Möglichkeit, Informationen im Lauf der Zeit zu archivieren, zu teilen und neu zu formulieren oder zu ergänzen.

Im Kontext der persönlichen Entwicklung und des lebenslangen Lernen ist das sehr wichtig. Das muss nicht zum größten auf berufliche Themen beschränkt sein (auch wenn das bei vielen Blogs von Lehrkräften der Fall ist. Deswegen lese ich die Beiträge von Jan-Martin Klinge in seinem Blog so gerne. Da ist so viel Abwechslungsreiches drin). Ein (Bildungs-)Blog ist daher eine Form des “Working Out Loud”. Auch dieser Begriff ist schon bald 15 Jahre alt, siehe den Blogpost von Bryce Williams und zeigt, wie relevant ein Beitrag in einem privaten Blog werden kann.

Mein eigenes Blog enthält zwar auch Artikel zu Informatik und Informationstechnologie, aber kaum Beiträge zu meinen beruflichen Themen (das liegt einmal an Vertraulichkeitsgründen und zum anderen blogge ich dazu meist in firmeninternen Plattformen), sondern eine bunte Auswahl von Dingen, die mich interessieren, bewegen oder zu denen ich etwas lerne.

Ich habe in den Jahren meiner Onlinepräsenz so viel von vielen Leuten lernen dürfen, die Ihr Wissen freigiebig geteilt habe, dass ich mit dem eigenen Blog gerne meine Erfahrungen und Informationen weitergebe, auch wenn es um historische Anekdoten, Kaffeepflanzen oder Raumfahrt geht. Wer jetzt neugierig geworden ist: die komplette Liste der Posts gibt unter dieser Adresse.

Own your words

Kann ich das nicht alles auch woanders erreichen? Indem ich beispielsweise auf einer der vielen Social Media Plattformen unterwegs bin oder ein kommerzielles Netzwerk wie diese Berufsplattformen zum Eigenmarketing nutze? Hier gibt es eine einfache Antwort bzw. einen einfachen Rat: “own your stuff”. Deine Worte gehören Dir und nicht irgendeiner Plattform. Wie sich immer wieder zeigt, genügt eine Änderung der strategischen Ausrichtung oder der Wechsel des Betreibers und schon geht die Sache den Bach runter. Sei es die Entwicklung von Twitter zu X oder die Debatten um Sub-Reddits oder als Neuestes die Hinwendung von Stackoverflow zu einer Kooperation mit OpenAI und die Nutzung der Inhalte zum Training von LLMs. Eine eigene Domain mit einem eigenen Auftritt ist die sinnvollste Möglichkeit, die Kontrolle über eigene Texte zu behalten bzw. sich einigermaßen frei entfalten zu können. Auf anderen Plattformen wird dann immer nur der Link (mit einem kurzen Anrisstext) geteilt, aber der Inhalt bleibt auf dem eigenen Blog.

Aber es geht doch um Bildung

Keine Angst, das habe ich nicht vergessen. 😉 Die Frage ist allerdings, ob ein Bildungsblog etwas Besonderes ist oder einfach eine Ausprägung der Dinge, die ich weiter oben beschrieben habe. Auch ein Blog einer Försterin oder eines Försters, in dem Dinge beschrieben und Wissen zur Forstwirtschaft und dem Lebensraum Wald beschreiben wird, bildet. “Bildung” als Begriff ist schon schwierig zu definieren, ebenso wie “Edu-Blog”. Ist es denn keine Bildung oder betreibe ich keine “education”, wenn ich über italienische Kultur, die Geschichte Karthagos oder europäische Pilzkunde schreibe?

Alle Personen, die ein Blog führen und dies über einen etwas längeren Zeitraum tun (wobei die Frequenz der Beiträge relativ unerheblich ist) haben interessanten Inhalt, der aus den oben genannten Gründen veröffentlicht wird. Wäre das nicht so, würde es keinen Sinn machen, ein öffentliches Blog im Web zu haben, dann reichen Dateien in irgendeinem Ordner auf dem eigenen Rechner (was eine ebenso valide Option ist wie ein Blog im Web).

Daher ist ein Bildungsblog nicht auf Lehrkräfte beschränkt, obwohl diese einen großen Einfluss haben können.

Um die Eingangsfrage von Susanne zu beantworten: was das mit diesem EduBlog sein soll? Ein Blog ist ein Blog ist ein Blog. Jedes davon hat Individualität, zeigt Kreativität und Interessen der Autorinnen und Autoren und aus jedem Blog lässt sich etwas lernen. So gesehen wären also höchstens Blogs, die sich mit Inhalten von Lehrplänen der einzelnen Bundesländer oder Methoden und Werkzeugen für Lehrkräfte beschäftigen eine etwas “schmalbandigere” Version eines EduBlogs 😉 – dennoch aber ein Blog aus den eingangs geschilderten Gründen, sonst würde es diese nicht geben.

Ob es nun Lehrkräfte sind, die hauptsächlich Tools und Methoden für den Unterricht in ihren Blogs beschreiben oder andere Personen, die in berufsbildenden Schulen von den interessanten Wechselwirkungen zwischen betrieblicher Praxis und schulischen Inhalten berichten oder das Blog einer Studentin, die ihren Lernpfad und die Erkenntnisse beim Programmieren lernen beschreibt oder aber das Blog mit politischen Inhalten: allen ist gemeinsam, dass sich aus den Inhalten lernen lässt.

Und das ist das Schöne an dieser Vielfalt. Deshalb sind Blogs, egal ob Text, Audio als Podcast oder Videos wichtig und werden hoffentlich noch lange existieren. Bleibt produktiv und Danke!


Kommentare

Kommentar 2024-05-13:

Wieder mal ein toller Text aus deiner Feder. Kann allem nur zustimmen! Liebe Grüße aus München vom Herrn Mess

Kommentar am 2024-05-18:

Danke für diesen Text, lieber Armin. Ich habe neulich erst daran gedacht, dass du bereits sehr früh „own your words“ gemahnt hast. Nicht zuletzt deshalb pflege ich mein Blogpflänzchen weiterhin. Das X-Drama hat mir schon sehr zu denken gegeben und ich teile seither meine ausführlichen Gedanken ausschließlich auf meiner eigenen Plattform. Seither muss ich - dank Sicherung - keine Angst mehr haben, dass mir meine geschriebenen Gedanken abhanden kommen.

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