
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Die anderen Teile des Reiseberichts:
Geplant, gehofft (auf schönes Wetter), gepackt und getankt — es geht endlich los! Während Frau und Tochter von der Terrasse aus winken, kläfft Chico aufgeregt herum, weil er nicht weiß, was gerade los ist. Vor mir liegen über 2000 geplante Kilometer von Niederbayern bis in die Maremma, den südlichsten Teil der Toskana. Die Temperaturen bei der Abfahrt in Landshut sind schon mal “italienisch”. 😎
Ich fahre auf der B15 Richtung Süden aus Landshut raus und fahre Richtung Rosenheim. Günstig, dass am gestrigen Donnerstag ein Feiertag (Fronleichnam) war und alle Leute, die in ein langes Wochenende gestartet sind, bereits unterwegs waren.
Die Götter des Verkehrs haben gleich in Dorfen einen Vorgeschmack, was so richtig Spaß machen kann. Ich stehe vor der geschlossenen Bahnschranke in Dorfen üer zehn Minuten bei 30 Grad in der prallen Sonne. Zwei andere Rollerfahrer und ich haben uns immerhin nach vorne geschlängelt, aber es zieht sich gefühlt eine Ewigkeit, bis sich die Schranken heben. Da weiß ich noch nicht, dass mir ein Bahnübergang in Sasso Marconi ein paar Tage eine noch größere Überraschung bescheren wird. 😎
Zwischen Dorfen und Haag i. Obb. wird das Gelände hügeliger, hier liegen die nördlichsten Endmoränen des Inngletschers aus den letzten Eiszeiten. Faszinierend, sich vorzustellen, dass damals von da ab bis zu meinem heutigen Ziel bei Rovereto eine Eislandschaft lag. Ab der Abzweigung nach Wasserburg und dem Kloster Attel wird es landschaftlich langweiliger und flacher, aber immerhin ist es nicht mehr weit bis Rosenheim. In Rott a. Inn tanke ich das erste Mal (wow, knapp über 8€ für voll 😎) und rolle dann durch Regensburg weiter auf der B15 Richtung Kiefersfelden.
Ab und zu sehe ich auf den ewig langen LKW-Stau auf der A93, während ich durch die Dörfer Richtung Österreich fahre. Durch Kiefersfelden durch und kein Stau bei der Einreise auf der Gegenfahrbahn, nur ein einsames Polizeiauto bewacht die bayerische Grenze. Dann bin ich auch schon in Tirol. Vor lauter Vorfreude verpasse ich es, ein Foto von der Festung Kufstein zu schießen, also recycle ich mal das Bild von der 2023er Tour. 😎
Mittlerweile ich mir gut warm und ich hoffe auf etwas mehr Fahrtwind auf der Inntal-Autobahn. Wie im ersten Teil geschrieben, habe ich mir die Bummelei auf der B171 durch das Inntal geschenkt und nehme die Inntal-Autobahn. Das ist der Vorteil gegenüber einem 125er-Roller. Die rote 300er marschiert zwischen 90 und 100 schön mir, mal hinter LKW und Wohnmobilen, mal davor. Etwa 15km vor Innsbruck mache ich in Weer an der Raststation einen kurzen Stop. Ich war so oft mit dem Auto hier, aber das ist das erste Mal mit der Vespa! Dann geht es weiter und in Innsbruck-Süd schon wieder runter von der Autobahn.
Durch die Stadt durch Richtung B182, der alten Brennerstrasse. Wenig Verkehr, nur ein paar Autos und eine Handvoll Bikes und Roller auf der ganzen Strecke bis zum Brenner! Ich habe immer den Tacho im Blick und beobachte auch den Strassenrand, die österreichischen Polizisten wissen, dass es die Zweiradfahrer gerne mal flotter angehen.
Die Fahrt hier unten auf der alten Brennerstrasse ist auf jeden Fall angenehmer als oben auf der Autobahn, obwohl der Blick auf die Europabrücke wirklich beeindruckend ist. Dass ab 2040 diese Brücke vor einem kompletten Neubau steht, wird mich wenn, dann nur noch Rentner interessieren, der im Zug von den Bauarbeiten liest.
Steinach, Matrei, Gries und dann bin ich schon in und am Brenner und überquere die zweite Landesgrenze für heute.
Ab jetzt geht es auf der SS12 weiter, kurz nach dem Brenner steht die Kilometerangabe „SS12 — 525km“. Ich muss “rückwärts” fahren bis etwa “305”, bis zum Hotel in Rovereto sind es damit noch etwa 175 Kilometer. Aber erstmal die Abfahrt vom Brenner genießen nach Sterzing runter (hinter einem Mercedes SL Cabrio-Oldtimer her, dessen Insassen die Strecke ebenfalls zu genießen scheinen). In Sterzing schnell in eine Apotheke und Anti-Allergie-Nasenspray besorgen ("FexAllegra" FTW) und dann weiter zur Tamoil-Tankstelle in der Deuschhausstrasse. Dort ist offen und ich muss nicht nicht am Automaten zahlen. Es war die ganze Woche über beim Tanken übrigens lustig, dass ich nie mit Geldscheinen zahlen konnte, weil ein 10Euro-Schein schon zu viel war. Nur ein Mal habe ich es geschafft, für knapp über 10 Euro zu tanken. 😎 Dann rum um den Kreisverkehr und ab da geht es fast bis zum Ziel weiter auf der SS12.
Zwischen Brixen und Klausen direkt an der SS12 liegt ein „Ristorantino“, an dem ich erst einmal eine längere Trink- und Kaffeepause einlege etwa 55km hinter dem Brenner. Ich bin seit mittlerweile sechseinhalb Stunden unterwegs und der Hintern möchte gerne eine Pause. 🤣 Danach weiter und bald ist Bozen erreicht mit der Umgehungsstrasse unter der Autobahn und die “motorini” werden in ihrem Fahrstil zunehmend italienischer. Kurz nach Bozen bleibe ich nochmal stehen und gucke mir den Zusammenfluss von Eisack und Etsch an. Ab jetzt ist es das Etschtal und nicht mehr das Eisacktal.
Sonst fahre ich immer über die Umgebungstrasse (die “tangenziale”) um Trento herum, aber dieses Mal gondele ich neugierig durch die Innenstadt auf der alten SS12, obwohl ich ja heute noch ankommen will. Ich freue mich, dass es nur noch knapp 30km sind, in etwas mehr als einer halben Stunde bin ich in Rovereto und fahre zum Hotel Nerocubo, das ich sonst nur von der A22 vom Vorbeifahren kenne. Angekommen! Ich war 8:45 unterwegs und freue mich jetzt echt auf eine Dusche und etwas Kühles zum trinken! Immerhin hat man von den Zimmern in den oberen Stockwerken einen wunderbaren Ausblick auf – die A22! 😆🤣
Blöd, dass gleich die erste Etappe die Scheiss-Etappe ist an der Tour, aber dann habe ich das hinter mir, die anderen Abschnitte werden zwischen 150 und 300 Kilometer lang werden (bis auf eine lange von nahe Bologna bis zum Brenner, das sind auch um die 390km). Aber das kümmert mich am ersten Tag gar nicht, ich genieße ein Sandwich und einen Sprizz und falle dann ins Bett und freue mich auf die nächste Etappe.
Falls Ihr die Fahrt nachverfolgen wollt, hier ein kleines Video von rumbo.world zur Strecke dieses Tages.
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