
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen
Die anderen Teile des Reiseberichts
Was war die Dusche gestern Abend nach der Ankunft für eine Wohltat! 🚿💦🤗 Ich habe einigermaßen gut geschlafen und das Frühstück ist sehr gut. Ich lerne beim Frühstück ein älteres (hüstel, die sind etwa in meinem Alter 😆) Ehepaar kennen, die mit einem netten Hund dort sitzen, der mich erstmal kontrollieren musste. Stellt sich raus, Ihr altes SL-Cabrio ist mit einem Defekt gestrandet und sie organisieren jetzt Mietwagen und Transport des Oldtimers. Plötzlich bin ich ganz froh, dass ich mit einer “modern Vespa” unteregs bin und nicht ebenfalls mit einem Oldtimer. 😎 Nach einem Cappuccino und einem Doppio macchiato habe ich genug Kaffee getankt für den Vormittag und checke aus. Draußen alles aufladen, die Vespa hat noch genug Sprit für ein Weilchen und dann lasse ich erstmal die dicke Bikerjacke im Top Case und wechsle zum Windbeaker. Der SL-Fahrer mit dem Hund auf dem Arm winkt mir noch nach und dann geht’s zurück auf die SS12 in Richtung Süden.
Von Rovereto an den Gardasee wäre es nur ein Katzensprung, aber da war ich bereits 2023 bei der allerersten Tour mit der 300GTS. Ich muss da mal ein paar Tourenvorschläge bloggen. Ich hatte allerdings vergessen, noch zwei oder drei Flaschen Mineralwasser zu kaufen und wo wird eingekauft auf dem Weg von Rovereto an den Lago? Richtig, “Grand’Affi Shopping Center”!
Danch geht es weiter in Richtung Castelnuovo del Garda in Richtung Süden und dann nach Valeggio sul Mincio bzw. dem Ortsteil Borghetto, einem Mitglied der Vereinigung der 100 schönsten Dörfer Italiens, einer private Vereinigung von kleinen, meist mittelalterlichen Orten oder Stadtteilen Italiens mit “herausragendem historischem und künstlerischem Interesse”. Es gibt auch einen deutschen Eintrag mit der Liste in der Wikipedia.
Und wenn ich mich dann mit der Kamera umdrehe, dann sehen ich das hier.
ich schlendere noch ein wenig durch die Gärten von Valeggio sul Minco und genieße den Schatten. Dann geht es weiter über Roverbella in Richtung Mantua. Mantua haben Andrea und ich im Oktober 2024 auf einem Herbst-Trip zwischen Gardasee, Mantua und Vicenza ausgiebig besichtigt, daher durchquere ich die Stadt nur (die Lage an den künstlichen Seen ist immer wieder beeindruckend) und es geht auf der SP57 über Buscoldo in Richtung Torre d’Oglio, eine Station, auf die ich mich schon bei der Planung der Reise gefreut hatte! Eine Pontonbrücke!
Es sieht auf dem Bild nicht so aus, aber Ab- und Auffahrt haben eine Steigung von etwa 15%! Und die Brücke darf immer nur von einem oder zwei Fahrzeugen in einer Richtung überquert werden, für den Rest heißt es warten. Ich habe jetzt beim Schreiben noch das Geklapper der Holzbohlen im Ohr. 🤩
Nach dem Überqueren des Flusses verlasse ich in San Matteo delle Chiaviche die SP57, erhöhe um 2 😎 und fahre dann auf der SP59 weiter in Richtung Viadana. Dort auf der SP358 über den Po (in der Flussmitte wird das die SP11) und gleich danach rechts abbiegen in Richtung Brescello. Brescello? Da war doch was…
Genau, das ist die kleine Stadt am großen Fluss, in der die Filme mit Don Camillo und Peppone spielen! Als Kind waren die TV-Wiederholungen meine allerersten Eindrücke von Italien und irgendwie habe ich es in 40 Jahren Italien immer geschafft, an Brescello vorbei zu fahren.
Ich genehmige mir noch auf der “Piazza Giacomo Matteotti” (so heißt der Platz in Wirklichkeit) einen Macchiato und ein Wasser und dann geht’s zurück zur Vespa, die (in der Sonne, falsch geparkt 😆) auf mich wartet. Weiter geht es auf der SP358R in Richtung Poviglio und Reggio Emilia. Kurz vor Reggion Emilia lege ich einen Tankstop ein, weil die Anzeige meint, “noch 65km, dann ist der Tank leer” – sicher ist sicher.
Und “sicher” ist genau das richtige Stichwort. Nach dem Tanken packe ich alles wieder auf, lege die Tasche ins TopCase und – der Schlüssel der Vespa ist weg! 😱😫 Ich suche hektisch alles ab, ich habe die Geldbörse mit der Karte vom Zahlen, meine Brille, die Handschuhe, alles da nur der vermaledeite Schlüssel nicht. Ich suche den Boden der kompletten Tankstelle ab, unter der Vespa, auf der Vespa, nichts! Der Schlüssel muss mir ins TopCase gefallen sein oder ich habe ihn in Gedanken da abgelegt und das Ding dann zugemacht.
Porca Miseria, che cazzo?! – mehr fällt mir echt nicht ein. Der Ersatzschlüssel liegt da, wo er hingehört, bei den Schlüsseln in Ergolding. Ich rufe Andrea an und beichte mein Missgeschick. Der nette Tankwart hat da schon alle seine Fundsachenschlüssel ausprobiert, ohne Erfolg. Soll ich jetzt gleich am zweiten Tag das TopCase aufbrechen und dann jedes Mal mit Isolierband zukleben? OK, letzte Chance: das Web. Ich durchsuche die Vespa-Foren und stelle fest, es gibt eine Menge Leute, die so dämlich waren und den Schlüssel in einer Box eingesperrt haben. Ich finde aber nichts und natürlich schreibt jeder “komm vorbei, dann zeige ich Dir das, aber wir schreiben das nicht im Forum”. Irgendwann stoße ich auf einen Eintrag, in dem steht: “Du hast doch ein Original GTS Top Case, oder? Da brauchst eh keinen Schlüssel, man muss ja nicht die Vordertür nehmen”. Hä? Ich gucke das TopCase genauer an.
Dann macht es “Klick” im Kopf! Ach sooo… – und weil die bösen Jungs das sowieso alle längst wissen, wie ich hinterher erfahren habe, aber es immer noch gutgläubige Menschen wie mich gibt, die denken, dass der Schlüssel und das Schloss eine sicherheitsrelevante Funktion haben, genau aus diesem Grund zeige ich das Foto. Ein Dieb braucht für die Aktion keine 15 Sekunden, dann ist Euer Top Case leer und das Schloss völlig unbeschädigt. WTF?? 🙈🤬
Der Tankwart lacht sich einen ab und erzählt was von “Sicurezza made in Italy”. ich werde mir da etwas einfallen lassen für die nächsten Touren, aber ab diesem Zeitpunkt hatte ich iPad und Kamera vorne in der Tunneltasche und die habe ich bei jedem Stop mitgenommen, wenn ich die Vespa verlassen habe.
Ich rufe Andea nochmal an und uns beiden fällt ein Stein vom Herzen. Lediglich die Tochter war etwas enttäsucht, sie hatte sich schon darauf eingestellt, mit der Mama in den BMW zu springen und schnell mal in die Emilia Romagna zu düsen. 😉
Über Reggio Emilia (schöne Stadt!), Rubiera, den Süden von Modena und weiter südlich über Maranello geht es die SP69 entlang nach Zola Predosa nach Casalecchio di Reno, wo ich in Richtung Apennin abbiege.
In Sasso Marconi bleibe ich nochmal kurz stehen und konultiere die Karte auf dem Smartphone. Dieses “Orte und Strassennummern merken und mehr oder weniger nach Himmelsrichtung fahren” funktioniert erstaunlich gut und macht Spaß. Man übt den Orientierungs-Sinn und fährt auch entsprechend langsamer an Kreuzungen ran, um die Wegweiser zu lesen, was generell eine gute Idee ist.
Bis zu meinem Ziel in Vergato ist es noch etwa eine halbe Stunde und etwas über 21 Kilometer. Am Ortseingang finde ich noch eine nette Bar und eine nette Italienerin hinter der Theke, die mir geratuliert, es mit der Vespa den ganzen Weg bis hierher geschafft zu haben. Als ich erzähle, dass es noch weit runter in die Maremma geht, ist sie beeindruckt und hofft, dass mein Sonnenbrand an den Unterarmen nicht schlimmer wird. Das habe ich auch den Tag über schon bemerkt. Die Windjacke ausziehen was keine so gute Idee. Dann wird aber Morgen halt geschwitzt, aber es bleibt bei einer leichten Rötung. Ich Depp, ich hätte ja nur ein UV-Langarmshort für Surfer mitnehmen müssen, aber was habe ich dabei? Einen dicken Pullover, sicherheitshalber. 😆🤣
In Vergato dann im Hotel wird il Vespone geparkt, das Zimmer eingecheckt und dann – Dusche! 🚿💦🤗
Falls jemand einen Tipp braucht: Da Noi Trattoria Hotel & Ristorante in Vergato, sehr zu empfehlen!
Satt, zufrieden, aber mit leichtem Sonnenbrand an den Armen und einer leicht angespannten Schulter (meine Physiotherapeuten wird mich nach der Tour schimpfen) falle ich ins Bett und es ist mir völlig egal, dass es hier keine Klimaanlage gibt.
Falls Ihr die Fahrt nachverfolgen wollt, hier ein kleines Video von rumbo.world zur Strecke dieses Tages.
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