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Zollkiesel statt Meilensteine
Digitaler Zettelkasten eines chronisch Neugierigen

Vespa in Italia 2025 — Teil 9
10.07.2025
Anzahl Worte: 1974

Die anderen Teile des Reiseberichts

Vespa-Tour 2025 — Debriefing

Dieser Post ist der Abschluss meiner Artikelreihe zur Vespa-Tour 2025. Ich ziehe Bilanz, mache für mich selbst und die nächste Tour Notizen, ergänze den einen oder anderen Punkt, der mir noch eingefallen ist und unten könnt Ihr auch die GPX-Dateien der einzelnen Fahrtage als ZIP-Datei runterladen.

Für die Vespa

Ölwanne mit Sichtfenster

Was sich als sehr praktisch erwiesen hat, war de Einbau einer Ölwanne mit Sichtfenster. Wer eine Vespa fährt, kennt das Problem. Den Ölmessstab raus ist zwar nicht total einfach, geht aber noch. Das Ding dann wieder problemlos rein zu bekommen, hat etwas von Bomben entschärfen. Echt fummelige Geschichte! Mit der neuen Ölwanne reicht ein Blick auf das Sichtfenster.

Top Case

Was soll ich schreiben? Natürlich würde ich die wieder kaufen, das Originalteil (noch dazu mit dem kleinen Rückenpolster in Sitzbankfarbe) sieht einfach schick aus und schluckt mir 36 Litern Inhalt auch echt viel Zeug. Ihr dürft nur nicht darauf vertrauen, dass das Ding sicher ist, nur weil da hinten ein Schloss mit einem Schlüssel dran ist. Details zu findet Ihr in Teil 3 dieser Reihe. Und nein, ich bin nicht der Meinung, dass man ahnungslose Leute in falscher Sicherheit wiegen sollte, indem man ein großes Geheimnis draus macht, dass die Box in weniger als 15 Sekunden ohne Schlüssel zu öffnen ist.

Windschutzscheibe

Ich haben gleich bei der Bestellung meiner 300GTS die mittlere Scheibe mitgeordert und es bis heute und vor allem auf den langen Touren keine Sekunde bereut. Natürlich ist die Vespa damit langsamer, weil das Ding gehörig Windlast hat, aber dafür bleibt es hinter der Scheibe ruhig und geschützt vor Wind und auch manchem Regenwetter. Und Tempo 100 geht auch mit der mittleren Scheibe, was bei der ganz großen dann nicht mehr der Fall ist.

Wer ein paar Eindrücke haben, hier ist der Link zu einem Vergleich der einzelnen Scheiben, der mir damals bei der Entscheidung geholfen hat: https://www.youtube.com/watch?v=BmDDS4I_x5A

Ausrüstung

Handschuhe

Was ich alles dabei hatte, könnt Ihr in Teil 1 dieser Reihe nachlesen. Was dort nicht stand: das zweite Paar Handschuhe war eine weise Entscheidung für eine Sommer-Tour. Wenn Du bei über 30 Grad im Schatten den halben Tag in der Sonne fährst, dann sind die Handschuhe einfach nur noch nass. Glücklich, wer die dann einen Tag lang trocknen lassen kann und ein zweites Paar zum Wechseln dabei hat!

Helm

Der Jethelm wird echt laut, wenn Du schneller fährst. Aber deswegen den Integralhelm mitnehmen? Ich weiß nicht. Wie macht Ihr das? Habt Ihr auch langem Touren einen zweiten (Integral-)Helm dabei?

Bordwerkzeug

Ich hatte eine Werkzeugtasche mit einem 51teiligen Set von Rothewald dabei, das ich etwas verändert habe. Unnötiges oder qualitativ nicht so tolles Zeug raus (z.B. eine Knipex Cobra 180 als Wasserpumpenzange rein), dafür ein Wera Toolcheck plus 1 rein, ein geniales Teil! Eine andere LED-Lampe, usw. Gut, hätte man auch alles einzeln zusammenstellen können. Allerdings war der Vorteil an der modernen Vespa, dass ich die 2300 Kilometer durchgefahren bin, ohne das einmal (außer der Geschichte mit dem Top Case) zu benötigen.

Smartphone-Halterung

Gibt’s keine. Ja, wirklich. Aus verschiedenen persönlichen Gründen. Erstens können die Vibrationen beim Fahren und Schlaglöcher den empfindlichen Kamerateilen des Smartphones schaden. Zweitens lenkt so ein Ding am Lenker oder in der Nähe einfach ab. Drittens gibt es Wegweiser und Zeit bei den Pausen, sich mal die Strecke anzugucken und wenn es bei einer Freizeit-Tour wie bei mir mal ein paar Kilometer Umweg werden, so what? Aus diesem Grund bleibt das Smartphone in der Hosentasche. Die Smartwatch reicht für Uhrzeit und Nachrichten und so muss ich ab und zu mal Pause machen (als würde ich das für einen Kaffee nicht sowieso oft genug machen 😎) und kann mir die Beine vertreten oder die Landschaft bewundern.

Tunneltasche

Ich hatte auf der Tour eine Bagtecs-Tunneltasche TB1 mit 16 Litern dabei, die als “Universal-Tunneltasche” angeboten wird. Passt so einigermaßen, aber die Befestigung war eine Bastelei und “untenrum” unter dem Chassis sicher nicht ideal. Dafür aufgrund der geringeren Größe gut mitnehmbar. So groß, dass auch ein iPad (11") reinpasst und zwei praktische Seitentaschen.

Dennoch überlege ich, für die nächste Tour eine speziell für die GTS designte Fussraumtasche zu kaufen. Befestigt mit Loxx-Schrauben oben und so, dass ebenfalls das Tanken bzw. das Hochklappen der Sitzbank möglich ist, ohne die Tasche abnehmen zu müssen. Die Preise für die Vespa-Spezialanfertigungen sind allerdings auch eine ganz andere Liga als für die TB1. Falls jemand also eine gute Idee hat, immer her damit.

Seitenständerunterlage

Das war wirklich eine geniale Idee, die ich allerdings schon bei der ersten Tour 2023 hatte. Eine Unterlegeplatte für den Seitenständer! Wenn Du auf einem Feldweg oder einem Schotterparkplatz stehen bleiben willst, das Ding aus dem Handschufach holen, neben den Seitenständer auf den Boden werfen und schon steht die Vespa sicher. Für keine 10 Euro ein super Zubehör.

UV-Shirt mit LSF 50

Ich hätte einfach vor dem Start nachdenken sollen. Du fährst nicht als Weißkäse einen ganzen Tag südlich der Alpen kurzärmelig durch die Sonne. Auf dem Roller mit einem Sommerkleidchen oder im Muskel-Shirt klappt für Italienerinnen und Italiener, aber nicht für mich (zumindest nicht die ersten paar Tage, danach geht es). Jetzt, nach der Tour habe ich mir aus dem Angebot für Schnorchler und Surfer ein Langarmshirt mit einem Lichtschutzfaktor von 50 geholt, das schön weit ist und locker über ein T-Shirt oder ein Polo geht. Nach dem Stehenbleiben in 10 Sekunden ausgezogen und schon – si fa una bella figura!

Flaschenhalter

Ich bin noch hin und her gerissen. Klar wäre ein Flaschenhalter für die Vespa cool, aber wo ist noch Platz, wenn ich eine Tunnel- oder Fussraum-Tasche habe? Ich habe einfach zwei oder drei 0,5 Liter Flaschen in die Tunneltasche gesteckt. Nach ein paar Stunden Fahrt hat das Wasser sowieso 40 Grad und mehr. Aber bis zur nächsten Bar reicht das auf jeden Fall aus.

Fotos & Filme

Ich habe die Halterung für die Insta360 hinter der Scheibe, das war ein Fehler. Sobald Du die Sonne vor Dir hast, kannst Du die Aufnahmen vergessen. Ein kleines, halbwegs brauchbares Video in Teil 1 dieser Reihe zeigt das Problem recht schön. Für die nächste Tour kommt das Ding an den Spiegel oder vor die Scheibe. Und ich stelle immer wieder fest: die beste Kamera ist die, die Du dabei und griffbereit hast. Das ist mittlerweile fast immer das Smartphone. Ich hatte vor der Tour günstig eine Panasonic Lumix FZ200 gekauft (eines dieser Wahnsinns-Dinger mit einem 24fachen optischen Zoom!), aber die musst Du dann immer erst aus der Tunneltasche holen zwischen all den anderen Sachen, daher gibt es davon wesentlich weniger Bilder. Vielleicht doch eine Fussraumtasche mit obenliegendem Kamerafach?

Tourenplanung

Ich hatte neben den üblichen Verdächtigen Kartenanwendungen auch https://kurviger.de genutzt, um den einen oder anderen fahrtechnisch schöneren Weg zu finden. Anfang hatte ich geplant, von zuhause bis nach Rosenheim beide Mal die B15 zu benutzen, das war mir dann aber zu langweilig. Lieber beim Zurückfahren den Weg weiter östlich und mehr Landstrassen.

Bei der nächsten Tour würde ich mich vorher informieren, ob die A1 “Panoramica” gesperrt ist oder nicht. Nochmal tue ich mir die Variante Valico mit der Vespa und dem Jethelm nicht nochmal an. 😆🙈 Die Entscheidung für das digitale “Pickerl” der Inntal-Autobahn würde ich sofort wieder machen. Eine Stunde stat zweieinhalb von Kiefersfelden bis Innsbruck ist einfach deutlich und bei 4,60€ für 10 Tage mit dem Roller auch ein No-Brainer.

Wo ich etwas mehr Zeit investieren werde, sind die kleinen Abenteuer und schönen Orte etwas neben der Strecke (wie zum Beispiel das “Riserva naturale lago di Santa Luce” in den Pisaner Hügeln, https://www.riservasantaluce.com). Allerdings hätte ich dann entweder mehr Zeit benötigt oder wäre nicht so weit in Richtung Süden gekommen.

Ansonsten (aber das bedeutet auch Einschränkungen bei Reichweite oder Zeit) werde ich beim nächsten Mal versuchen, bei den Tagesetappen unter 350 Kilometer zu bleiben. Die beiden Etappen mit knapp über 400 km haben gegen Ende keinen Spaß mehr gemacht. Aber ich bin ja 2023 auch in einem Rutsch von Landshut nach Garda durchgefahren… 🙈🤪

Mapping-Tools

Zum Erstellen der GPX-Dateien, die dann als Input für die Etappenvideos dienen, habe ich https://gpx.studio benutzt. Super einfach, kostenlos (bitte unterstützt ebenfalls den Entwickler unter https://ko-fi.com/gpxstudio – Danke! 💖) und mit integriertem Routing, allein das spart Stunden!

Für die kleinen Videos von den einzelnen Tagesetappen habe ich https://www.rumbo.world/home benutzt. Nach etwas Ausprobieren habe ich die Premium-Version gekauft. Erstens weil ich unabhängige Entwickler gerne unterstütze, wenn es geht und mir die Software gefällt und zweitens, weil das die Website mit dem einfachsten und schnellsten UX war.

Und sonst? Mein schönstes Erlebnis?

Egal, wo Ihr hinfahrt: lernt zumindest die Grundlagen der Landessprache. Ohne Italienischkenntnisse wäre diese Tour eine deutlich ärmere Erfahrung geworden. Und Ihr habt keine Ahnung, wie viele Italiener schon mit dem Wohnmobil auf dem Oktoberfest waren, das ist immer ein Anknüpfungspunkt für Bayern. 😆

Mein schönstes Erlebnis (ich schreibe aus Rücksicht absichtlich nicht, wo das passiert ist, aber es war südlich von Siena) war, als ich auf der Suche nach einem Bankomat und einem Espresso (und einer Gelegenheit, den vorherigen loszuwerden) war. Natürlich hätte ich parken können, alles abladen und mitschleppen oder auf mein Glück vertrauen, aber das ist “meh”. Ich sehe einen Bankomat neben einer Bar, aber da steht die Vespa auf der anderen Strassenseite, blöd. Da steht allerdings auch ein Wagen der “Polizia Municipale”. Ich bleibe dort stehen, grüße nett und erzähle in hoffentlich verständlichem Italienisch, wo ich mit “il Vespone” herkomme. “Tutta la strada dalla Baviera in Vespa? Complimenti!” meint der Polizist und gratuliert mir zu meinem roten Gefährt, so eine große Vespa sei doch was ganz anderes als diese Asiaten-Roller. Natürlich kennt auch er “la festa della birra” (s.o.) und als ich mein Problem schildere, grinst er und meint, “un attimo solo, signore”. Er pfeift und ruft über die Strasse. Ich verstehe, dass ein Franco mal schnell sein Fahrzeug wegfahren solle ("vecchia carretta" ist aber nicht nett 😉). Ein Handwerker kommt rüber, sie reden kurz, er zeigt auf mich, ich grüße mehr oder weniger ratlos. Er steigt ein, fährt den Piaggio Porter aus dem Parkplatz neben dem Polizeiwagen und stellt ihn einfach am Fahrbahnrand wieder ab, nickt mir zu und geht zu über die Strasse in die Bar zurück. “Bitteschön, Sie stellen Ihre Vespa jetzt hier ab, holen sich Geld und einen Espresso und dann kommen Sie wieder, das dauert ja nicht lange. Ich bin sowieso noch eine Zeit hier und passe auf.” – Ich bin einfach nur sprachlos. Als ich wiederkomme, bedanke ich mich überschwänglich, aber der Polizist wehrt ab, das sei doch selbstverständlich für nette Gäste (er sagt Gäste, nicht Touristen!), die sich bemühen, die Sprache zu lernen und freundlich sind. Vielleicht kann ich oder jemand sich bei ihm ja beim nächsten Besuch auf dem “feste della birra” revanchieren.

Gentilissimo signor poliziotto, se dovesse leggere questo messaggio sul web, la ringrazio di nuovo di cuore, la ricorderò sempre.

👮🏼‍♂️🇮🇹❤️

Die GPX-Dateien

Falls jemand für eine eigene Routenplanung einen Teil der Strecke verwenden möchte oder Ihr einfach neugierig seid, die Strecke genauer anzusehen, hier liegen die GPX-Dateien für die einzelnen Fahrtage in einer zip-Datei zum Download.

Tags: vespa travel

Lizenz für diesen Post CC-BY-SA 4.0


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